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Dezember 2009

 

Robinsonade von Silvio Gesell               Dezember 2009

Bevor wir den Text der Robinsonade von Silvio Gesell näher betrachten, sollen einige Erläuterungen vorweg genommen werden.

Robinson, dem es nach einem Schiffbruch auf eine Insel verschlagen hat, befasst sich mit einem Bauprojekt, das ihn als alleinigen Bewohner in seiner Einsamkeit Erleichterung verschaffen soll in dem  Kampf um seine Existenz, den er fortschrittlich zu gestalten gedenkt.

Vorgesehen ist ein Kanalbau zur Erleichterung der Transportwege. Drei Jahre sind für den Bau veranschlagt. Die Vorbereitungen sind abgeschlossen, denn es musste ein Vorrat für Nahrung und Kleidung angelegt werden, damit die Arbeit am Kanal ungestört vonstatten gehen kann. Während er die Beschaffenheit der angelegten Vorratslager für Nahrung und Kleidung mit einiger Zufriedenheit betrachtet, erscheint plötzlich Freitag, den ebenfalls eine Schiffskatastrophe auf die Insel verschlagen hat, und der so  nur das nackte Leben gerettet hat.

Die Begegnung mit Robinson schafft für beide völlig neue Voraussetzungen. Zwei Menschen treten in Beziehung zueinander, die arbeitsteiliges Wirtschaften ermöglicht.

Freitag weist Robinson auf die Vergänglichkeit der angelegten Vorräte an Nahrung und Kleidung hin und erbietet sich, Wartung und Pflege zu übernehmen, um zu erwartende und mögliche unerwartete Verderbnis abzuwenden. Außerdem macht Freitag das Angebot, wenn ihm die Nutzung der Vorräte gestattet wäre, Nahrungsmittel erntefrisch zu ersetzen, und ebenso von ihm genutzte Kleidung neuwertig zu ersetzen. Der Tauschhandel, der hier abgewickelt werden soll, verzichtet auf das Medium Geld, das draußen, weit über den Horizont des Ozeans hinaus in der zivilisierten Welt, die Naturalwirtschaft ersetzt hat, weil ohne dies eine fortschrittliche arbeitsteilige Wirtschaft nicht möglich wäre. Dem Geld wird dadurch aber auch eine Monopolstellung eingeräumt, die Macht und Machtmissbrauch ermöglicht.

In der Robinsonade wird  beispielhaft die Vergänglichkeit der Güter des täglichen Bedarfs wie Nahrungsmittel und Kleidung herausgestellt, was ja auch besonders augenfällig ist. Aber alles, was menschlicher Geist und Menschenhände erschaffen, unterliegt in unterschiedlichem Ausmaß dem Verfall und der Vergänglichkeit, sei es durch Mode,  sei es durch technischen Fortschritt oder andere Verfallserscheinungen. Selbst geistige Güter verlieren ihren Wert, weil sie nicht mehr als zeitgemäß empfunden werden.

Auch Geld kann eine Veränderung seines Wertes erleiden, das ist aber kein natürlicher Vorgang, sondern künstlich von Menschen gesteuert entweder in Unwissenheit der Zusammenhänge oder, um wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklungsprozesse zu steuern und zu manipulieren. Abraham Lincoln, Präsident der Vereinigten Staaten von 1861-1865 hat die Veränderung des Geldwertes unter bestimmten Voraussetzungen als ein Verbrechen bezeichnet nämlich, wenn Schuldner und Gläubiger durch eine solche Entwicklung benachteiligt werden.

Das System, das Silvio Gesell in der Robinsonade veranschaulicht, funktioniert nur in einem dynamischen Wirtschaftsprozess. Freitag ist offenbar ein Mensch mit umfassenden Begabungen. Er erbietet sich Saat für Nahrungsmittel aufzubringen und abzuernten, er verspricht die nötigen Voraussetzungen zur sachgemäßen Lagerung von Nahrung und Kleidung schaffen, und macht schließlich das Angebot, auf die Jagt zu gehen, um die notwendigen Rohstoffe zur Herstellung von Kleidungsstücken sicher zu stellen, dazu erklärt es sich bereit, benutzte Kleidungsstücke neuwertig zu ersetzen. Freitag ist also umfassend begabt und bereit diese Fähigkeiten mit Fleiß einzusetzen. Wie nun, wenn Freitag ein Müßiggänger gewesen wäre, und sich mit dem Notwendigsten begnügt hätte und Robinson mit allen Herausforderungen auf sich gestellt gewesen wäre?

Oder wenn er gar Robinson hinterrücks erschlagen hätte, und sich so in den Besitz der mühsam angelegten Vorräte gesetzt hätte? Was ja in der Menschheitsgeschichte oft genug vorgekommen ist.

Robinson und Freitag, jedoch, erzielen eine Einigung und Zusammenarbeit zu beider Nutzen.

Die Anhänger von Karl Marx huldigen dem Idealbild einer klassenlosen Gesellschaft. Der „real existierende Sozialismus“ hat dieses Idealbild nicht verwirklichen können, eine Gesellschaft, in der die Freiheit der Entwicklung des Einzelnen die Gewähr ist für die Freiheit der Entwicklung aller, so wie es im Kommunistischen Manifest von Marx und Engels formuliert worden ist. Ist dieses Idealbild, weil seine Verwirklichung misslungen ist, darum verwerflich? Diese Frage muss gestellt werden. Es wäre ungerecht, Karl Marx zur Bedeutungslosigkeit zu verurteilen, wie es Silvio Gesell unternommen hat.

Klassenbildung und Klassenbewusstsein können in einer Gesellschaft sehr schnell entstehen, und auf vielfache Ursachen zurückgeführt werden. Es gibt Gruppen, die sich aufgrund besonderer Fähigkeiten als elitär empfinden, oder es gibt Gruppen, die sich herausgehoben wissen wollen, weil sie streng auf die Einhaltung ethischer Maßstäbe achten. Solche Elite- und Klassenbildung führt dann zum Machtanspruch gegenüber der Gesellschaft als ganzes.

Besitzansprüche werden  unterschiedlich formuliert, und sind oft abhängig von der wirtschaftlichen Entwicklung. Besitzansprüche werden in Sachwerten oder Geldwerten ausgedrückt.

Sach- und Geldwerte sind abhängig von der Arbeitsleistung, die dafür erbracht werden muss, und sie sind abhängig von der reibungslosen Zirkulation des Geldkreislaufes und des Kreislaufes der Arbeitserzeugnisse.

Durch ein Bild mit den zwei Zahnrädern kann das anschaulich gemacht werden.

 

1. Zahnrad - Warenzirkulation                                2. Zahnrad- Geldzirkulation

Geistige und materielle Güter, die durch Arbeits-       Geld- und Warenzirkulation müssen            

leistung erzeugt werden                                                aufeinander abgestimmt sein, wenn ein

                                                                                      reibungsloser Güteraustausch

                                                                                      gewährleistet sein soll.

 

Vier Möglichkeiten gibt es, dargestellt an Zahnrädern, die ineinander greifen.

1. Möglichkeit: Beide Zahnräder sind gleich groß. Das Zahnrad der Geldzirkulation ist zugleich die Antriebswelle. Beide Zahnräder sind so in Menge und Geschwindigkeit aufeinander abgestimmt. Ein reibungsloser Güteraustausch ist die Folge.

2. Möglichkeit: Das Antriebszahnrad der Geldzirkulation ist größer als das Zahnrad der Warenzirkulation. Es entsteht ein Geldüberhang und eine Flucht in die Sachwerte. Die   Verteilung der vorhandenen Güter erfolgt mit erhöhter Geschwindigkeit bis alles aus den Fugen gerät, was im Extremfall die Rückkehr zur Naturalwirtschaft zur Folge hat.

3. Möglichkeit: Das Antriebszahnrad der Geldzirkulation ist kleiner als Zahnrad der Warenzirkulation. Es entsteht ein Überhang der erzeugten Güter und eine Flucht in den Geldwert. Die Verteilung der erzeugten Güter verlangsamt sich, die Produktion gerät ins Stocken, bis Heere von Arbeitslosen die Straßen bevölkern.

4. Möglichkeit: Das Antriebszahnrad der Geldzirkulation wird von dem Zahnrad der Warenzirkulation los gelöst. In dem Maße, wie sich die Geldzirkulation von der Warenzirkulation entfernt, wird der Geldwert nicht mehr auf die Sachwerte bezogen. Die bundbedruckten Geldscheine werden schließlich zu einem wertlosen Fetzen Papier. Es entstehen Geldwerte nur innerhalb der Geldzirkulation, was schließlich dazu führt, dass selbst Milliardäre sich vor den fahrenden Zug werfen.

Ist das Zahnrad der Geldzirkulation so seiner eigentlichen Funktion beraubt, dann müssen, um den gänzlichen Zusammenbruch der Wirtschaftskreisläufe zu umgehen, Ersatzzahnräder mit Ersatzantriebswellen bereit gestellt werden, als da sind Konjunkturprogramme, Staatshilfen und Staatskredite sowie Ausfallbürgschaften. Geholfen haben solche Antriebsmechanismen noch nie richtig.

 

Die Abhängigkeit von Waren- und Geldzirkulation hatte schon der Philosoph Johann Gottlieb Fichte(1762-1814) erkannt, inspiriert durch die Assignaten- Katastrophe in der Französischen Revolution (Heinz Drews)

 

Die Robinsonade

von Silvio Gesell (1862-1930)

 

Die in der Robinsonade zum Ausdruck gebrachten Gedanken sind fundiert.(John Maynard Keynes  1883-1946)

 

Robinson baute einen Kanal und musste sich auf drei Jahre, der Dauer der ganzen Arbeit, mit Vorräten versorgen. Er schlachtete Schweine, bedeckte das Fleisch mit Salz, füllte ein Loch in der Erde und deckte es sorgfältig zu. Er gerbte Hirschfelle und verarbeitete sie zu Kleidern, die er in einer Kiste verschloss, nachdem er als Mottenscheuche noch eine Stinktierdrüse hinein gelegt hatte.

Kurz,  er sorgte nach seiner Ansicht gut für die nächsten drei Jahre.

Wie er nun eine letzte Berechnung darüber anstellte, ob sein „Kapital“ für das geplante Unternehmen auch ausreichen würde, sah er einen Menschen auf sich zuschreiten.

Hallo, rief der Fremdling, mein Kahn ist hier zerschellt, und so landete ich auf dieser Insel. Kannst du mir mit Vorräten aushelfen, bis ich einen Acker urbar gemacht und die erste Ernte eingebracht habe?

Wie schnell flogen bei diesen Worten die Gedanken Robinsons von seinen Vorräten zum Zins und zur Herrlichkeit des Rentnerlebens! Er beeilte sich, die Frage zu bejahen.

Vortrefflich! Antwortete der Fremdling, aber ich will dir sagen, Zins zahle ich nicht; sonst ernähre ich mich lieber  Jagt und  Fischfang. Mein Glaube verbietet mir sowohl Zins zu nehmen, wie auch Zins zu geben.

 

R.: Da hast du eine prächtige Religion. Aus welchem Grunde glaubst du denn, dass ich dir       Vorräte aus meinen Beständen herleihen werde, wenn du mir keinen Zins gibst?

 

FR.: Aus Eigennutz, Robinson; aufgrund deines wohlverstandenen Vorteiles, weil du dabei gewinnst, und zwar ziemlich viel.

 

R.: Das, Fremdling, musst du mir erst vorrechnen. Ich gestehe, dass ich nicht einsehe, welchen Vorteil ich davon haben kann, dir meine Vorräte zinsfrei zu leihen.

 

FR.: Nun, ich will dir alles vorrechnen, und wenn du es mir nachrechnen kannst, so wirst du mir das Darlehen zinsfrei geben und dich noch bei mir bedanken. Ich brauche zunächst Kleider, denn du siehst, ich bin nackt. Hast du einen Vorrat an Kleidern?

 

R.: Die Kiste ist bis oben voll.

 

FR.: Aber Robinson, wirklich, ich hätte dich für gescheiter gehalten! Wer wird denn Kleider für drei Jahre in Kisten vernageln, Hirschleder, der Lieblinsfraß der Motten!

Außerdem müssen diese Kleider immer gelüftet und mit Fett eingerieben werden, sonst werden sie hart und brüchig.

 

R.: Du hast recht, aber wie sollte ich es anders machen? Im Kleiderschrank sind sie nicht besser geborgen; im Gegenteil, hier kommen Ratten und Mäuse noch zu den Motten hinzu.

 

FR.: Oh! Auch in die Kiste würden die Ratten gedrungen sein, - sieh, da haben sie schon genagt!

 

R.: Wahrhaftig! Man weiß sich auch wirklich nicht davor zu retten!

 

FR.: Du weißt dich nicht vor Mäusen zu schützen, und du sagst, du hättest rechnen gelernt? Ich will dir sagen, wie Leute in deiner Lage sich bei uns gegen Mäuse, Ratten, Diebe, gegen Brüchigwerden, Staub und Schimmel schützen. Leihe mir deine Kleider, und ich verpflichte mich, dir neue Kleider zu machen, sobald du welche brauchst. So bekommst du eben so viele Kleider zurück, wie du mir geliefert hast, und zwar werden diese Kleider, weil neu, bedeutend besser sein als diejenigen, die du später aus dieser Kiste ziehen würdest. Obendrein werden sie nicht mit Stinktieröl verpestet sein. Willst du das tun?

 

R.:  Ja, Fremdling, ich will dir die Kiste mit den Kleidern abtreten, denn ich sehe ein, dass es für mich vorteilhaft ist, dir auch ohne Zins die Kleider zu überlassen.

 

Fr.: Nun zeige mir mal deinen Weizen. Ich brauche solchen sowohl zur Saat wie für Brot.

 

R.: Dort am Hügel habe ich ihn vergraben.

 

FR.: Du hast den Weizen für drei Jahre in einem Erdloch vergraben? Und der Schimmel, die Käfer?

 

R.: Das weiß ich, aber was sollte ich machen?  Ich habe die Sache nach allen Seiten überlegt und nichts Besseres für die Aufbewahrung gefunden.

 

Fr.: Nun bück’ dich mal, siehst du die Käferchen an der Oberfläche herumspringen? Siehst du das Gemüll? Und hier diese Schimmelbildung? Es ist höchste Zeit, dass der Weizen herausgehoben und gelüftet werde.

 

R.: Es ist zum verzweifeln mit diesem Kapital! Wenn ich doch nur wüsste, wie ich mich verteidigen soll gegen diese tausendfältigen Zerstörungskräfte der Natur!

 

FR.: Ich will dir sagen, Robinson, wie wir das bei uns zu Hause machen. Wir bauen einen luftigen, trockenen Schuppen und schütten auf den gut gedielten Boden den Weizen aus. Und regelmäßig alle drei Wochen wird der Weizen sorgfältig gelüftet, indem wir mit Schaufeln das Ganze umwerfen. Dann halten wir Katzen, stellen Fallen auf, um die Mäuse zu fangen, versichern das Ganze gegen Feuer und erreichen so, dass der jährlich Verlust an Güte und Gewicht nicht mehr als 10% beträgt.

 

R.: Aber bedenke doch, diese Arbeit, diese Kosten!

 

FR.: Du scheust die Arbeit und willst keine Kosten? Ich will dir sagen, wie du es dann anfangen musst. Leihe mir deinen Vorrat, und ich werde dir das gelieferte aus meinen Ernten in frischem Getreide zurückzahlen, und zwar Pfund für Pfund, Sack für Sack.

So sparst du die Arbeit, einen Schuppen zu bauen, brauchst das Getreide nicht umzuschaufeln und keine Katzen füttern, verlierst nichts am Gewicht und hast statt alten Korns immer saftiges frisches Brot. Willst du?

 

R.: Mit tausend Freuden nehme ich den Vorschlag an.

 

Fr.: Also du lieferst mir das Korn zinsfrei?

 

R.: Versteht sich, zinsfrei und mit Dank meinerseits.

 

Fr.: Ich kann aber nur einen Teil gebrauchen, ich will nicht alles haben.

 

R.: Wenn ich dir nun den ganzen Vorrat anbiete, mit der Maßgabe, dass du mir für je 10 Sack nur 9 zurückzugeben brauchst?

 

FR.: Ich danke, das hieße ja mit Zins arbeiten- zwar nicht mit aufschlagendem (positivem), sondern mit kürzendem (negativem) Zins-, und statt des Gebers wäre der Nehmer Kapitalist. Aber mein Glaube verbietet den Wucher, er verbietet auch den umgekehrten Zins. Ich mache dir aber einen Vorschlag, deinen Weizenvorrat unter meine Aufsicht zu nehmen, den Schuppen zu bauen und alles Nötige zu besorgen. Dafür wirst du mir für je 10 Sack jährlich zwei Sack als Lohn bezahlen. Bist du damit einverstanden?

 

R.: Mir ist es gleich, ob deine Leistung unter dem Titel Wucher oder aber als Arbeit gebucht wird. Ich gebe dir also 10 Sack und du lieferst mir 8 Sack zurück. Einverstanden!

 

FR.: Ich brauche aber noch andere Sachen: einen Pflug, einen Wagen und Handwerkszeug. Willst du mir alles auch zinsfrei überlassen? Ich verspreche, dir alles in gleicher Güte zurück zu erstatten: für einen neuen Spaten einen neuen Spaten, für eine neue Kette, eine neue, rostfreie Kette!

 

R.: Gewiss bin ich dazu bereit. Denn jetzt habe ich von all diesen Vorräten nur Arbeit. Neulich war der Bach übergetreten und hatte den Schuppen überschwemmt, alles mit Schlamm bedeckend. Dann riss der Sturm das Dach fort, so dass alles verregnete. Nun haben wir trockenes Wetter und der Wind treibt Sand und Staub in den Schuppen. Rost, Fäulnis, Bruch, Trockenheit, Licht und Dunkelheit, Holzwürmer, Termiten, alles ist unausgesetzt an der Arbeit. Noch ein Glück, dass wir keine Diebe und Brandstifter haben. Wie freue ich mich, jetzt durch Verleihen die Sachen so schön und ohne Arbeit, Kosten und Verlust für später verfügbar zu behalten.

 

FR.: Also du erkennst es jetzt als einen Vorteil, mir die Vorräte zinsfrei zu überlassen?

 

R.: Unumwunden erkenne ich es an. Aber warum, so frage ich mich jetzt, bringen drüben in der Heimat solche Vorräte dem Besitzer Zins ein?

 

FR.: Die Erklärung musst du im Gelde suchen, das drüben solche Geschäfte vermittelt.

 

R.: Was? Im Gelde soll die Ursache des Zinses liegen? Das kann doch nicht sein; - Denn höre was Marx vom Geld und Zins sagt: „Die Arbeitskraft ist die Quelle des Zinses(Mehrwert). Der Zins, der das Geld in Kapital verwandelt, kann nicht vom Geld herrühren. Wenn es wahr ist, dass das Geld Tauschmittel ist, so tut es nichts anderes, als die Preise der Waren zu bezahlen, die es kauft.

Wenn es solchermaßen unveränderlich bleibt, so nimmt es nicht an Wert zu. Daher muss der Mehrwert(Zins) von den gekauften Waren herrühren, die teurer verkauft werden. Diese Veränderung kann weder beim Kauf noch beim Verkauf stattfinden; in diesen beiden Handlungen werden Äquivalente ausgetauscht. Es bleibt darum nur eine Annahme frei, dass die Änderung durch den Gebrauch der Ware nach dem Kauf und vor dem Wiederverkauf vor sich gehe.“ ( Marx: Das Kapital. Kap IV) 1)

 

1) Hier ist eine Anmerkung erforderlich: In der Ware, die gekauft oder verkauft wird, ist der Zins schon enthalten, er tritt gar nicht offen in Erscheinung. Jeder Unternehmer, der mit Fremdkapital arbeitet, muss den dafür zu entrichtenden Zins in die Kalkulation einfließen lassen und auf den Preis der Ware aufschlagen, solange der Markt das hergibt. Deckt der vorhandenen Markt die Kosten nicht, rückt das wirtschaftliche Ende für den Unternehmer und sein Unternehmen näher. (Heinz Drews)

 

FR.: Wie lange bist du schon auf dieser Insel?

 

R.: Seit dreißig Jahren.

 

Fr.: Das merkt man. Du berufst dich auf die Wertlehre. Ach, lieber Robinson, diese Sache ist erledigt. Die Wertlehre ist ausgestorben. Es ist überhaupt niemand mehr da, der sie vertritt.

 

R.: Was, du sagst, die Marxsche Lehre vom Zins ist ausgestorben? Das ist nicht wahr! Wenn auch sonst niemand mehr da wäre, - ich vertrete sie.

 

Fr.: Gut, so vertritt sie, doch nicht nur mit Worten, sondern auch mit der Tat. Vertritt sie, wenn du willst mir gegenüber. Ich trete von dem geschlossenen Handel zurück. Du hast hier in diesen Vorräten das, was nach Wesen und Bestimmung als die reinste Form dessen zu betrachten ist, was man gemeinhin „Kapital“ nennt. Ich fordere dich auf, als Kapitalist mir gegenüber aufzutreten. Ich brauche deine Sachen. Kein Arbeiter ist jemals einem Unternehmer  so nackt gegenüber getreten, wie ich jetzt vor dir stehe. Niemals ist das wahre Verhältnis von Kapitalbesitzer zum Kapitalbedürftigen so rein zu Tage getreten, wie in unserem gegenseitigen Verhältnis, Nun versuche, ob du von mir Zins erlangen kannst! Wollen wir den Handel wieder von vorne anfangen?

 

R.: Ich verzichte. Die Ratten, Motten und der Rost haben meine kapitalistische Kraft gebrochen. – Aber sage, wie erklärst du die Sache?

 

Fr.: Die Erklärung ist einfach. Bestünde hier auf dieser Insel Geldwirtschaft,  und ich als Schiffbrüchiger bedürfte eines Darlehens, so müsste ich mich nach Lage der Dinge an einen Geldgeber wenden, um die Dinge, die du mir soeben zinsfrei geliehen hast, zu kaufen. Diesem Geldgeber aber, den Ratten, Motten, Rost, Feuer und Dachschäden nicht bedrücken, kann ich nicht wie dir gegenüber treten. Der Verlust, der mit dem Besitz der Waren verknüpft ist, - sieh, da schleppt der Hund einen von deinen, will sagen, von meinen Hirschfellen fort! – den trägt nur derjenige, der die Waren aufzubewahren hat, nicht der Geldgeber; diesen berühren all die Sorgen und die herrlichen Beweise nicht, mit denen ich dich so mürbe gemacht habe. Du hast die Kiste mit den Fellkleidern nicht zugeschlagen, als ich dir die Zinszahlung verweigerte. Die Natur des Kapitals machte dich zu weiteren Verhandlungen geneigt. Der Geldkapitalist aber schlägt dir die Tür des Geldschrankes vor der Nase zu, wenn ich ihm sage, ich werde keinen Zins zahlen. Dabei brauche ich das Geld an sich ja nicht, sondern die Fellkleider, die ich mit dem Geld kaufen würde. Die Fellkleider gibst du mir zinsfrei; das Geld dazu muss ich verzinsen. 2)

 

2) Was Freitag hier ausführt, kann leicht missverstanden werden. Es könnte darin die Forderung nach Rückkehr zur Naturalwirtschaft verstanden werden. Das ist von Silvio Gesell so nicht gemeint. Er wollte die Wesensunterschiede von Arbeitserzeugnissen und Geld zur Darstellung bringen. Ein Verzicht auf die Geldwirtschaft führte in der gegenwärtigen Vielfalt der Arbeitsteilung zu einer Katastrophe ungeahnten Ausmaßes.

Den Banken fällt die Aufgabe zu, den Wirtschaftskreislauf mit Geldkapital zu versorgen. Banken können diesen dienst nicht unendgeldlich leisten.

Es ist müßig, sich hier über Begriffsdefinitionen zu streiten. Robinson verzichte in der Robinsonade darauf, indem er ausführt, es sei ihm gleichgültig, ob die Zinszahlungen als Wucher oder als Lohn für geleistete Arbeit definiert werden.

Unter diesem Gesichtspunkt mutiert die Bank von einem Geldgeberinstitut zu einem Dienstleistungsunternehmen. Die Bank muss Löhne für die Angestellten, Gebäude unterhalten und sich dem technischen Fortschritt anpassen. Die Renditen, die an den Börsen erwirtschaftet werden, betragen oft ein Vielfaches von dem, was Banken an Zins für Privat- und Geschäftskredite fordern. Banken sind im Wirtschaftskreislauf ein unverzichtbarer Bestandteil. Die eigentliche Ursache des Unheils sind die Spekulationen an den Börsen, Warenterminbörsen und Währungsspekulationen. Hier werden zwei- und dreistellige Milliardensummen hin und her geschoben. Es geht hier um politische und wirtschaftspolitische Macht und nicht, um einen geordneten und sozial verträglichen Wirtschaftskreislauf aufrecht zu erhalten. (Heinz Drews)

 

R.: So wäre die Ursache des Zinses doch im Gelde zu suchen, und Marx wäre im Unrecht? Auch da, wo er sagt: „Im eigentlichen Handelskapital erscheint die Form ,G.W.G.’ (Geld – Ware – Mehrgeld) – kaufen, um teurer zu verkaufen, am reinsten. Andererseits geht  seine ganze Bewegung innerhalb der Zirkulationssphäre vor sich. Da es aber unmöglich ist, aus der Zirkulation selbst die Verwandlung von Geld in Kapital zu erklären, erscheint das Handelskapital unmöglich, sobald Äquivalente ausgetauscht werden, daher nur ableitbar aus der doppelten Übervorteilung der kaufenden und verkaufenden Warenproduzenten durch den sich parasitisch zwischen sie schiebenden Kaufmann. Soll die Verwertung des Handelskapitals nicht aus bloßer Prellerei der Warenproduzenten erklärt werden, so gehört dazu eine lange Reihe von Mittelgliedern.“ (Marx, Kapital 6. Aufl., Bd. I, S. 127)

 

Fr.: Hier sowohl wie da ist er vollkommen im Irrtum. Und da er sich im Gelde irrte, diesem Zentralnerv der ganzen Volkswirtschaft, so muss er überall im Irrtum sein. Er beging – wie alle seine Jünger es taten – den Fehler, das Geldwesen aus dem Kreis seiner Betrachtungen auszuschalten. 3)

 

3) Silvio Gesell geht hier mit seiner Kritik an Karl Marx einen Schritt zu weit. Marx hat das Geld  nicht völlig aus seinen Betrachtungen ausgeschaltet, nur hat er dem Geldkapital eine untergeordnete Rolle zuerkannt, und so seine Bedeutung unterschätzt. Karl Marx wollte vor allem die Gesellschaftsstrukturen verändern, um so Monopolbildung und Machtmissbrauch zu verhindern. Herausgekommen ist im „real existierenden Sozialismus“ das Staatsmonopol. Der Privatbesitz an Produktionsmitteln ist ein Machtmonopol, das über das Geldkapital realisiert wird. Silvio Gesell hat insofern Recht mit der Einschätzung, Karl Marx habe dem Geld im Wirtschaftskreislauf nicht die nötige Bedeutung eingeräumt. Karl Marx  setzt auf Veränderungen in den Strukturen von Staat und Gesellschaft, während Silvio Gesell in den Gesetzmäßigkeiten der Zirkulation von Sachkapital und Geldkapital die Lösung sucht. Beide sind von ihren Systemen  axiomatisch von der Richtigkeit der von ihnen geforderten Wege und Maßnahmen überzeugt.

 

Auch der Liberalismus gründete auf die Überzeugung, wenn dem Menschen ein Freiheitsraum gelassen werde, dann handelte er selbsttätig vernünftig und richtig. Alle drei Wege, so waren ihre Vordenker überzeugt, könnten die Sehnsucht der Menschen nach Freiheit verwirklichen, und so die ordnende Organisation  der Staats- und Gesellschaftsstrukturen überwinden.

Zwei Extreme stehen sich oft gegenüber: Die Überbewertung des Kollektivs im Sozialismus und die Überbewertung des Individuums im Liberalismus. Alle drei genannten Theorien vernachlässigen die Notwendigkeit ethischer Normen, was sich oft als eine verhängnisvolle Fehleinschätzung erwiesen hat.

 

Viele nach Freiheit strebenden Denkmodelle der Philosophen, der Ideologen und der Staats- und Gesellschaftstheoretiker vergessen und vernachlässigen den Pflichtbegriff. Freiheit des Individuums lässt sich nur über die Pflichterfüllung gegenüber dem Kollektiv verwirklichen. Das ist das große Ärgernis; es ist auch zugleich das große preußische Ärgernis. Der Pflichtbegriff erfährt bei Immanuel Kant eine herausragende Bedeutung. Daher muss zeitweise der Eindruck entstehen, als sei die Abneigung gegen Preußen eher in seinen Tugenden als in seinen Untugenden zu erblicken. In einer Deklaration der Menschenrechte hat die Französische Nationalversammlung am 26. August 1789 in 17 Artikeln die Menschenrechte festgeschrieben. Der Pflichtbegriff ist darin nur sehr schwach ausgeprägt. (Heinz Drews)

 

R.: Das haben mir unsere Verhandlungen über das Darlehen bewiesen. Das Geld ist für Marx ja nur ein Tauschmittel, aber es tut, wie es scheint, mehr als nur „die Preise für die Waren zu bezahlen, die es kauft“. Das der Bankmann dem Darlehensnehmer den Geldschrank vor der Nase zuschlägt, wenn dieser keinen Zins zahlen will, und nichts von den Sorgen kennt, die dem Besitzer der Ware (Kapital) drücken; das verdankt er nur der Übermacht, die das Geld an und für sich über die Ware hat, - das ist der wunde Punkt!

FR.: Wie viel Beweiskraft doch die Ratten, Motten und der Rost haben! 4)

 

4) Den unauflöslichen Zusammenhang von Geld und Warenzirkulation(Arbeitserzeugnisse materieller und ideeller Art im weitesten Sinne) hatte schon Otto von Bismarck erkannt, noch bevor er seine politische Karriere in den 50er Jahren des 19. Jahrhunderts begann. Es gab zu der Zeit Wirtschafttheoretiker, die den Stanpunkt vertraten, alles Geld, das der Staat für seine Bediensteten ausgebe, flösse wieder in den Wirtschaftskreislauf zurück, und käme so dem Staat wieder zu Gute. Bismarck erkannte in solchen Theorien einen Denkfehler mit dem Hinweis, solche Theoretiker würden ihren Irrtum sehr schnell einsehen, wenn sie die Gehälter in Naturalien auszahlen müssten, was im agrarwirtschaftlichen Bereich zu dem Zeitpunkt noch oft so gehandhabt wurde.

Bismarck hatte insgeheim die Absicht, das Wirtschaftsgefüge auf drei Säulen zu begründen: Auf die staatsrechtliche, die privatrechtliche und die genossenschaftsrechtliche Wirtschaftsform. Kurz nach seiner Amtsübernahme als preußischer Ministerpräsident im September 1962 hatte er Kontakt aufgenommen zu Ferdinand Lassalle, der im Mai 1863 den Allgemeinen Deutschen Arbeiterverein begründete, die Keimzelle der späteren Sozialdemokratie. Inwieweit Bismarck in seinen späteren Handlungen von den Vorstellungen Lassalles beeinflusst gewesen ist, lässt sich nicht exakt belegen. Eine der Kernforderungen Lassalles ist jedoch in dem Wahlrecht zum Reichstag des Norddeutschen Bundes und zum Reichstage des Deutschen Reiches nach 1871 verwirklicht worden: das allgemeine, gleiche, geheime und direkte Wahlrecht. Frauen waren vom Wahlrecht ausgeschlossen wie überall. Selbst Friedrich Engels sah in diesem Wahlrecht die Möglichkeit für die Arbeiterklasse, einen steigenden Einfluss zu erlangen auf die gesellschaftspolitische Entwicklung.

 

Bismarck hatte auch zu Beginn seiner Amtszeit Kontakt aufgenommen zu Karl Marx, um ihn als Leiter eines Presseorgans zu einer Mitarbeit zu bewegen, was aber auf Ablehnung stieß. Der Kontakt war hergestellt worden durch Lothar Bucher, der sich als radikaler Demokrat 1848 an der Revolution beteiligt hatte. Er flüchtete nach England und lebte dort zehn Jahre. Nach seiner Rückkehr gehörte er zu Bismarcks Mitarbeitern und verblieb in dieser Position bis zum Tode Bismarcks 1898.

Hätte Bismarck seine Pläne verwirklichen können, dann hätte die Möglichkeit bestanden zu einem dynamischen Wirtschaftsprozess. Die Monopolbildung eines der drei Wirtschaftsysteme wäre erschwert oder unmöglich gemacht worden. Monopolbildung ist die entscheidende Ursache zu Korruption und Machtmissbrauch.

 

Bismarck hätte für seine wirtschaftspolitische Konzeption, die einer Monopolbildung hätte entgegenwirken können, keine Reichstagsmehrheit gefunden. Er hatte sie alle gegen sich: Die Konservativen, die Liberalen und die Sozialdemokraten. Es spricht für Bismarcks staatsmännisches Geschick, dass es ihm immer wieder gelang für die Gesetzesvorhaben, die nötige Reichstagesmehrheit zusammen zu bringen.

 

Um die Deflationskrise in den 30er Jahren des vorigen Jahrhunderts zu überwinden, hatte Hjalmar Schacht als Wirtschaftsminister unter Hitler die Konstruktion des Mefowechsels erdacht. Dieser Wechsel war kein Finanzwechsel im herkömmlichen Sinne, sondern es war ein Warenwechsel, der als Tauschmittel nur in Umlauf gelangen konnte, wenn nicht gleichzeitig Ware in Umlauf gebracht wurde. Dazu waren von der Reichsbank und der Reichsregierung Verträge geschlossen worden, die den Übergang zur Reichsmark als alleiniges Zahlungsmittel sicher stellen sollten. Als Hitlers Absicht erkennbar wurde, diese Verträge nicht einzuhalten, kam es zu einem steigenden Zerwürfnis. In einem Treffen mit dem amerikanischen Präsidenten Franklin D. Roosevelt, wollte Schacht Roosevelt bewegen, etwas gegen das NS-Regime zu unternehmen, fand aber für seine Vorstellungen weinig Anklang. 1937 schied Schacht als Generalbevollmächtigter für die Rüstungswirtschaft aus. Hitlers wahre Absichten waren schon deutlich in Erscheinung getreten. Offen verurteilte er auch das Vorgehen gegen die Juden in der Reichskristallnacht am 9. November 1938. 1939 trat er als Reichsbankpräsident zurück. 1944 wurde er inhaftiert und verdächtigt an der Verschwörung des 20. Juli beteiligt gewesen zu sein. Im Nürnberger Prozess wurde er freigesprochen, nachdem ein Antrag auf Verhängung der Todesstrafe verworfen worden war.

Der wirtschaftliche Zusammenbruch der NS-Diktatur ist durch Ausbruch des Zweiten Weltkrieges hinausgezögert und verschleiert worden.

 

Ludwig Erhard gelang es mit seiner Wirtschaftspolitik nach dem Zweiten Weltkrieg aus einer Trümmerlandschaft innerhalb kurzer Zeit eine der führenden Wirtschaftsmächte der Zeit zu gestalten, was kaum jemand für möglich gehalten hatte. Eine der Grundvoraussetzungen zu dieser Entwicklung war die Unmöglichkeit, eine Börsenspekulation zu etablieren mit Wucherrenditen von 25% und mehr. In einem solchen System wäre der Wiederaufbau Deutschlands, wie er sich nach dem Zweiten Weltkrieg vollzogen hat, undenkbar gewesen, weil dem Geldkreislauf die nötigen Sachwerte nicht gegenüber gestanden hätten. Im Zuge dieser Erkenntnis gibt es ganz gefährliche Ideen, die davon ausgehen, es müsse zu einem Krieg kommen, damit alle wieder Arbeit hätten. Solche Menschen, die in allen Gesellschaftsschichten zu finden sind, könnten ja ihren Besitz in die Luft sprengen, dann hätten sie wieder sehr viel Arbeit. Diese Tatsache als Möglichkeit vor Augen zeigt schon die Unsinnigkeit solcher Gedankengänge. Bedeutsam ist auch die Tatsache, das der Wiederaufbau in den ersten zwanzig Jahren ohne nennenswerte Staatsverschuldung vonstatten ging. Im Gegenteil, es wurden Haushaltsüberschüsse erwirtschaftet.

Das Genossenschaftswesen hatte nach dem Zweiten Weltkrieg durch starke Gewerkschaften große Erfolge zu verzeichnen. Es gab die „Neue Heimat“ als gewerkschaftseigene Baugenossenschaft, die als größte Baugenossenschaft später für 1 DM veräußert wurde. Es gab die Bank für Gemeinwirtschaft und die COOP als Produktionsgenossenschaft. Der Zusammenbruch dieses Genossenschaftswesens ist nicht nur auf die Unfähigkeit von Gewerkschaftsfunktionären zurück zu führen, da haben noch andere Gegebenheiten mitgewirkt. (Heinz Drews)

Das Auseinanderdriften von Geldwert und dem nominell in Geldwert ausgedrücktem Sachwert lässt sich an einem Ereignis aus jüngster Vergangenheit verdeutlichen.

Die VW- Aktie hatte einen Anstieg von um die 300 € auf über 1000 € zu verzeichnen, um dann wieder auf den Ausgangswert zurück zu fallen.

Der VW-Konzern steigerte sich für einen kurzen Zeitraum zum wertvollsten Unternehmen am Markt. Wozu fleißige Hände und Köpfe im In- und Ausland Generationen und Jahrzehnte benötigten, um den Wert zu schaffen, den der VW-Konzern darstellt, das schafft der Börsianer in wenigen Stunden. Niemanden scheint der Gedanke zu kommen, ob hier nicht eine gigantische Fehlentwicklung vorliegt.

Das System zwingt Unternehmer und ihre Mitarbeiter zu Höchstleistungen. Der Lohn für diese Höchstleistungen wird ihnen jedoch vorenthalten.

In diesem System lässt sich freie Marktwirtschaft nicht verwirklichen. Die großen Geldströme diktieren das wirtschaftliche Geschehen.

Von sozialer Marktwirtschaft kann ohnehin keine Rede sein.

Wenn fleißige Köpfe und fleißige Hände ein Unternehmen erfolgreich am Markt platziert haben, dann folgt die Phase der Rationalisierung. Viele von denen, die ein Unternehmen durch ihre Leistungsbereitschaft zum Erfolg geführt haben, werden plötzlich nicht mehr benötigt und somit „freigestellt“. An ihre Stelle tritt dann der Börsianer. Otto von Bismarck wollte das Recht auf Arbeit gesetzlich festschreiben, wofür er aber im Reichstag keine Mehrheit fand.

             Heinz Drews
     Heinz Drews
                                                                                                                  

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