Lutherrose
Einleitung

Einleitung                                                             Intention

Die letzten Sätze in der Biographie könnten der Schluss zulassen, als solle die Deutsche Geschichte einer oberflächlichen Betrachtung unterzogen werden. Ein Diskussionsbeitrag mit brillanten Formulierungen, intellektuell anspruchsvoll verpackt. Das soll nicht geschehen, aber die Deutsche Geschichte soll auch nicht abgehandelt werden, wie es in den jüngst vergangenen Jahrzehnten üblich geworden ist.

Nach dem Zweiten Weltkrieg ist über die Deutsche Geschichte die These verbreitet worden, es führe von Martin Luther über Friedrich den Großen und Otto von Bismarck ein gerader Weg zu Hitler. Das ist es aber nicht allein. Indem so der Eindruck erweckt und gefördert wurde, die Deutsche Geschichte sei Hitler und Hitler die Deutsche Geschichte, sind die Deutschen ihrer Geschichte entrissen und ihrer Nationalität entfremdet worden. Deutsch sein gilt in dieser Entwicklung in zunehmenden Maße als etwas Minderwertiges. Deutschland als Zentrum und in diesem Zentrum die Quelle allen Unheils, die hineinfließt in eine Umgebung, die historisch ihre jungfräuliche Unschuld bewahrt hat, aber dennoch dem Verderben nicht entrinnen konnte, weil eben diese Quelle nicht zum versiegen gebracht werden konnte. Der Gedanke, es könne hier eine äußerst naive Geschichtsbetrachtung vorliegen, hat kaum Verbreitung gefunden. Wer besagter These kritisch gegenübersteht, muss Verdächtigungen über sich ergehen lassen, wird einer Rechtfertigungsdebatte unterzogen, natürlich immer mit dem Hinweis auf Hitler, ohne Hitler funktioniert dieses System ganz einfach nicht. Dieses System enthält etwas Demütigendes, aber das wird kompensiert durch eine wunderbare Spaß - und Konsumgesellschaft, in die sich jeder versenken und alles vergessen kann. Also wozu sich irgendwelchen Mühen unterziehen, es läuft alles so gut, die Vordenker dieses Systems, die das alles säuberlich inszeniert und aufgebaut haben, machen schon keine Fehler. So ist weltweit ein Geschichtsbild entstanden und etabliert worden. Das Bild ist für Betrachter zwar hässlich, Korrekturen daran sind jedoch unerwünscht. Die intensive Betrachtung dieses Bildes ist wohl auch nicht ohne Folgen. Aber es ist besser darüber zu schweigen, sonst kommt es womöglich alles noch schlimmer. Ob hier vielleicht politischer Opportunismus mitwirkt? Dem Gedanken will sich niemand öffnen, denn das ist wirklich nicht ganz ungefährlich. Wir bleiben dabei, die Deutsche Geschichte ist misslungen, weil die Deutschen in ihrer Geschichte immer einem obrigkeitsstaatlichen Denken erlagen, waren sie zur Revolution  unfähig. Die Engländer und Franzosen haben in ihrer Geschichte jeweils einen König geköpft und die Russen einen Zaren umgebracht, das haben die Deutschen in ihrer Geschichte nicht vollbracht, und so musste das Unheil seinen Lauf nehmen. Es ist alles so einfach, warum sich komplizierten Gedankengängen hingeben? Dann könnte alles ins Wackeln geraten und umstürzen, was sich so glänzend bewährt hat. Wer will sich schon solchen Gefahren aussetzen?

Da wird es jetzt vielleicht Menschen geben, die an den vorangegangenen Sätzen Polemik entdecken. Aber eine solche Feststellung kann keinen Bestand haben. Die Situation ist in ihrer Wirklichkeit sehr moderat wiedergegeben, denn es muss in Betracht gezogen werden, welche Folgen es gehabt hat, die Deutsche Geschichte zu entstellen, zu verbiegen, zu fälschen und willkürlich ins Negative zu interpretieren.

Wir gelangen jetzt zu zwei Fragen: Wie deutsch war Hitler wirklich, und muss Hitler ausschließlich als ein deutsches Produkt angesehen werden, hervorgegangen aus der Deutschen Geschichte in einer Kontinuität mit zwingender Kausalität? Geschichte ist unteilbar, nicht wenige haben sich zu einem solchen Satz durchgerungen, wenn die Sprache darauf gekommen ist, es sei in der Deutschen Geschichte doch auch Gutes zu entdecken.

Wer das Gute annehmen will, der müsse auch das Schlechte annehmen, das wird dem dann entgegnet. Ganz einfach! Also wer sich an etwas anerkannt Gutem zu orientieren gedenkt, dem wird das verwehrt, da wird schnell Hitler dazwischen geschoben. Ohne Hitler geht es einfach nicht. Was war deutsch an Hitler? Die Frage ist schon gestellt worden.

Allein die Symbolik mit all ihren unzähligen Varianten, wie sie von Anhängern der NS-Ideologie und von solchen, die mitgerissen und hineingezwängt wurden, getragen und gezeigt wurde, hat in der gesamten Deutschen Geschichte keine Entsprechung. Hinzu kommt der anbetungsartige Kult um die Person Hitlers, die Huldigung durch Handaufheben. Er ist bewusst dem römischen Kaiserkult entlehnt, das lässt sich belegen. Es ist also nichts mit dem edlen Germanentum, das Hitler und sein Anhang zu verkörpern gedachten.

Was hat die Menschen so begeisterungsfähig gemacht in den Tagen der NS-Herrschaft in Deutschland. Zwei Dinge waren es sicher, die schnelle Beseitigung der Massenarbeitslosigkeit und die Annullierung des Versailler Friedensdiktates. Die Wirtschaftspolitik wurde von Hjalmar Schacht gemacht und von Hitler demagogisch ausgeschlachtet. Hjalmar Schacht ist als Reichsbankpräsident mit Mitgliedern des Reichsbankpräsidiums, zu dem auch Ludwig Erhard gehörte, kurz vor Ausbruch des Zweiten Weltkrieges zurückgetreten. Sie waren nicht bereit den Krieg zu finanzieren, den Hitler zu dem Zeitpunkt offensichtlich zu führen gedachte.

Sodann gelang es Hitler die Bestimmungen des Versailler Friedensdiktates Zug um Zug außer Kraft zu setzen. Das hätte er ohne die tätige Mithilfe von Deutschlands Gegnern im Ersten Weltkrieg nicht vollbringen können. Aber der „Führer“ war schon im Vorfeld der eigentlichen Machtübernahme mit markigen Worten und demagogischen Gesten gegen dieses politische auf Machtwillkür gegründete Machwerk zu Felde gezogen. Ängstlich sind sie dann alle zurückgewichen, der Eindruck musste entstehen, obwohl die Mächte des Versailler Vertragswerkes eigentlich keine Angst hätten haben müssen, denn Deutschland durfte vor der Machtübernahme durch das NS- Regime nur ein Heer von hunderttausend Soldaten unterhalten. Mit einer Großzügigkeit, die nicht wenige als überwältigend empfanden, bekam Hitler, nachdem er in Deutschland die Macht an sich gerissen hatte, alles nachgeliefert, was der Weimarer Republik verweigert worden war. Es war ihr solange verweigert worden, bis sie politisch und wirtschaftlich nicht mehr lebensfähig war.

Es muss noch angemerkt werden, dass die Amerikaner nach dem Ersten Weltkrieg das Versailler Vertragswerk nicht unterzeichnet haben, sie sind auch dem Völkerbund nicht beigetreten, obwohl der Gedanke einen Völkerbund zu begründen, um zu einer alternativen Politik zu gelangen, von Amerika und der Wilson-Administration ausgegangen war.

Wenn die NS-Herrschaft historisch zur Darstellung gelangt, dann ist es unumgänglich zwei Dinge einer besonderen Beachtung zu unterwerfen: Die Intoleranz , auf der die NS-Ideologie gegründet war, was ganz offen auch von Hitler als Zielsetzung verkündet wurde und die Judenpolitik.

Diese zwei Entwicklungsstränge sind von dem überwiegenden Teil der Deutschen innerhalb und außerhalb des NS-Herrschaftsbereiches zu der Zeit als zweitrangig angesehen worden, während sie gegenwärtig im nachhinein vordergründig betrachtet werden. Die Menschen der Zeit haben sich an machtpolitischen Kriterien orientiert, nicht an ethischen Maßstäben. Die kulturelle und bunte Vielfalt der Deutschen und der Preußischen Geschichte sowie Kultur- und Geistesgeschichte sollte einer einheitlichen NS- Weltanschauung unterworfen und einheitlich braun übermalen werden. Ein Individuum als Inkarnation des Kollektivs.

Ein weiteres herausragendes Merkmal, das die NS-Herrschaft auszeichnete war die Politik gegen die Juden. Aus allem was Deutschland insbesondere zwischen den beiden Weltkriegen im vorigen Jahrhundert an leidvollen Erfahrungen machen musste, haben Hitler und seine Gefolgsleute eine jüdische Schuld konstruiert. Die deutschen Juden, so wird darin behauptet,

hätten mit den Juden anderer Völker auf den Untergang Deutschlands hingearbeitet. Das geht an der historischen Wirklichkeit mit den dazugehörigen Fakten vorbei. Die deutschen Juden während des Kaiserreiches und auch danach waren überwiegend patriotisch gesonnen, sie wollten Deutsche sein und waren eifrig bemüht, in diesem Bestreben Anerkennung zu finden. Das gilt in besonderem Ausmaß für die Zeit des Kaiserreiches vor dem Ersten Weltkrieg.

 Sicher hat es auch Juden gegeben mit einer anderen Einstellung, aber die gab es überall, nicht nur bei den Juden. Albert Ballin hat die Hapag- Reederei gegründet, und sie zur größten Schifffahrtsreederei der Welt geformt und gestaltet. Als im November 1918 der Erste Weltkrieg für Deutschland verloren war, ist er unmittelbar danach freiwillig aus dem Leben geschieden. Ihm sind andere auf diesem Wege nachgefolgt. So haben sich Kurt Tucholski und Stefan Zweig in der Immigration das Leben genommen. Sie haben an Deutschland gehangen. Es gibt dazu viele erschütternde Biographien.

Die Geschichtsdarstellung, wie sie hier in wenigen Sätzen umrissen ist, hat wenig Anklang gefunden, dennoch soll sie in einem Schlusssatz begründet werden.

Es verbindet sich damit nicht die Absicht, eine Gegenrechnung aufzumachen oder neue Anklagen zu formulieren. Es soll damit der üblichen einseitigen Sicht der Ereignisse und ihrer Interpretation entgegengewirkt werden, damit sich Völker und Individuen auf einer anderen Ebene begegnen können, die nicht einem Vergeltungsdenken unterliegt.

Dieses Ziel hat Konrad Adenauer verfolgt, als erster Kanzler der nach dem Zweiten Weltkrieg gegründeten Bundesrepublik Deutschland, nach innen wie nach außen. Noch ein anderer Name darf nicht unerwähnt bleiben: Kurt Schuhmacher. Er hat wesentlichen Anteil an der Begründung dieses Staatswesens, in dem wir heute leben. Ein Sozialdemokrat und Politiker erfüllt mit Leidenschaft, patriotisch gesonnen und auch äußerlich gezeichnet von einem langen Leidensweg.

Kritische Bestandsaufnahme der Geschichte ist immer notwendig, ohne sie gibt es keinen sozialen Fortschritt, keinen Modernisierungsschub, dabei muss es vermieden werden, ethische Maßstäbe zu vernachlässigen.

Die Bereitschaft in Deutschland kritisch zur eigenen Geschichte auf Distanz zu gehen, ist von außen auf wenig Gegenliebe gestoßen, diese Bereitschaft ist eher rücksichtslos ausgenutzt worden.

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