Heinz Drews Hamburg, den 28. Februar 2003 Postfach 605475 22249 Hamburg Herrn KR//DR 100 8803 02 Paul Spiegel Präsident des Zentralrates der Juden in Deutschland Leo- Baeck- Haus Tucholskystraße 9 10117 Berlin Sehr geehrter Herr Präsident! Dankbar bestätige ich den Eingang des Schreibens, das der Geschäftsführer des Zentralrates, Herr Stephan J. Kramer, mit Datum vom 26. Februar 2003 in Ihrem Auftrag an mich gerichtet hat, als Antwort auf mein Schreiben an Sie vom 24. Januar 2003. In dem Schreiben von 26. Februar 2003 soll mir eine einseitige Geschichtsauffassung zuerkannt werden. Diesen Vorwurf, wenn es denn als Vorwurf gedacht ist, möchte ich entkräften. Dazu füge ich ein Schreiben als Ablichtung bei, das ich mit Datum vom 25. Februar 2002 an die Israelische Botschaft gerichtet habe. Ein Beispiel soll angeführt werden, wie nicht selten mit der Deutschen Geschichte umgegangen wird. In der Tageszeitung „Die Welt“ erschien in der Ausgabe vom 15. Februar 2003 ein Bericht über Saddam Hussein, wie er sich im Jahre 1979 im Irak an die Macht geputscht hat. Fast über eine ganze Seite wird da über Liquidierungen, Folterungen und Massenexekutionen berichtet. Der Bericht ist überschrieben mit dem Titel: „Das Preußen der ostarabischen Welt“. Das ist nun wirklich niederträchtig. Mit solchen Tendenzen wird denn auch versucht, die Irak-Politik der gegenwärtigen Bundesregierung zu diskreditieren. Es geht dabei nicht um den Inhalt der Irak- Politik, wie sie von Oppositionskreisen formuliert worden ist, sondern um die äußerst fragwürdigen Methoden, die angewandt werden, um einer politischen Position Geltung zu verschaffen. Gerne werden Analogien hergestellt zwischen Saddam Hussein und Hitler. Das ist denn auch immer wieder eine gute Gelegenheit die Deutschen im Zuge solcher politischen Entwicklungen kräftig zu demütigen. Ein wichtiger Aspekt sollte dann aber nicht außer Acht gelassen werden. Der ehemalige SPD- Bundesvorsitzende, Oscar Lafontaine, hat es in einer Fernsehgesprächsrunde deutlich werden lassen mit der Feststellung, die Mächte, die den Krieg vorbereiten, wollen die Waffen Saddam Husseins zerstören, die sie selbst einmal geliefert haben. Selten haben in unserem Lande Politiker den Mut, solche Wahrheiten schonungslos offen zu legen. Mit diesem, meinem heutigen, Schreiben erlaube ich mir einen Blick von der Vergangenheit in die Zukunft. Das bundesdeutsche Staatsschiff ist auf Schlingerkurs. Damit verbindet sich ein politisches Gefahrenpotential, das niemand unterschätzen darf. Die Opposition zur gegenwärtigen Bundesregierung hat keine brauchbare politische Alternative, um diesen Gefahren zu begegnen. In dieser Situation machen sich die Möllemanns und die Schills bereit, um sich einen vermeintlichen politischen Nutzen zu verschaffen. Der FDP-Politiker Jürgen Möllemann hat unverhohlen ein Wählerpotential angesprochen mit Neigung zum Antisemitismus. Von einem Präsidenten der Deutsch- Arabischen Gesellschaft wäre zu erwarten gewesen, dass er sich für eine Verständigung zwischen Israel und der arabischen Welt eingesetzt hätte. Jürgen Möllemann hat das genaue Gegenteil angestrebt. Der Innensenator der Freien und Hansestadt Hamburg hat in einer Aufsehen erregenden Rede vor einiger Zeit im Deutschen Bundestag den Versuch unternommen, die in Deutschland lebenden Ausländer als Hauptproblem darzustellen. Der Gipfel wäre erreicht, wenn die NPD in der Auseinandersetzung vor dem Bundesverfassungsgericht sich als Gewinner fühlen darf. Das sind Gefahrenquellen. Ich gebe hier meine persönliche Meinung wieder. Damit möchte ich keine Anmaßung begehen. Es ist nicht meine Absicht, Sie, Ihr Amt oder den Zentralrat der Juden in Deutschland in politische oder parteipolitische Auseinandersetzungen hineinzuziehen. Mit freundlichen Grüßen |