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2. Der Liberalismus und seine Möglichkeiten
Themen10
2. Der Liberalismus und seine Möglichkeiten
II. Der Krieg 1866 zwischen Preußen und Österreich
1. Die Entwicklung zum Krieg
2. Die Verhandlungen in Nikolsburg

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2. Der Liberalismus und seine Möglichkeiten

Am 23. September 1862 wurde Bismarck vom preußischen König Wilhelm I. zum preußischen Ministerpräsidenten berufen. Der Konflikt zwischen Landtag und Krone hatte eine ausweglose Situation geschaffen. Zugespitzt ging es um die Frage einer Mitwirkung des Parlaments oder der alleinigen Königsherrschaft. Zentrum des Konfliktes bildete Weigerung des Landtages, die finanziellen Mittel für eine vom König als dringlich angesehene Heeresreform zu bewilligen. Eine politische Persönlichkeit, die bereit gewesen wäre, einen Verfassungskonflikt herbeizuführen und gegen den Landtag zu regieren, wollte sich nicht finden lassen. So befasste der König sich mit dem Gedanken, der Krone zu entsagen. Bismarck fand sich bereit, die Aufgabe zu übernehmen. Vier Jahre von 1862 bis 1866 regierte Bismarck am Landtag vorbei. Genau am 3. Juli 1866, am Tag der alles entscheidenden Schlacht bei Königgrätz im Krieg gegen Österreich fanden Wahlen zum preußischen

Landtag statt. Die Wahlen brachten einen Anstieg der konservativen Mandate, während die liberalen Oppositionsparteien zurückgefallen waren. Bismarck stellte am 3. September 1866 gegenüber dem Abgeordnetenhaus den Antrag auf Indemnität(Straffreiheit), weil in der Zeit davor gegen Parlament und Verfassung regiert worden war. Der Antrag wurde vom Abgeordnetenhaus mit großer Mehrheit angenommen. Urteil und Reaktionen darauf sind unterschiedlich ausgefallen. War es für den Liberalismus ein Sieg oder eine Niederlage? Ein Vorwurf lautete, die Liberalen hätten die Ideale von 1848 verraten. Bismarck hatte den Erfolg seiner Außenpolitik nicht dazu genutzt, um einen napoleonischen Cäsarismus zu etablieren, was befürchtet worden war. Mit seinem Kompromiss hatte der Liberalismus die Möglichkeit zu einer weitergehenden Demokratisierung offengelassen. Die Liberalen wurden die wichtigsten Bündnispartner Bismarcks. Die Nationalliberalen entwickelten drei politische Stoßrichtungen: Gegen den feudalistischen Adel, der in Preußen eine starke Stütze hatte, gegen den politischen Katholizismus und gegen den Sozialismus. Kritik gegen den Liberalismus erstreckte sich auf den Vorwurf, er habe eine liberal bürgerliche Klassenpartei geschaffen und schließlich der kleindeutschen Lösung ohne Österreich zugestimmt. Bis 1878 erfüllten die Liberalen trotz Spaltung in Nationalliberale und Linksliberale, die den Kompromiss von 1866 nicht billigen wollten, die Rolle einer
Quasi-Regierungspartei.

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II. Der Krieg 1866 zwischen Preußen und Österreich

Die Siege Preußens 1864 gegen Dänemark, 1866 gegen Österreich und 1870/71 gegen Frankreich, waren nicht allein auf seine militärische Stärke zurückzuführen, sondern weil es Bismarck mit seiner Politik gelungen war, die übrigen europäischen Mächte und Großmächte zu neutralisieren. Preußen musste 1848, als es den Schleswig-Holsteinern im Kampf gegen Dänemark militärischen Beistand leistete, zurückstecken, weil Russland und England eine drohende Haltung eingenommen hatten. Ebenso erlitt es 1850 gegen Österreich eine als schwerwiegend empfundene diplomatische Niederlage, weil alle, die sich auf Preußen stützten als die Macht, der sie die Herbeiführung der Deutschen Einheit zutrauten, enttäuscht waren.

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1. Die Entwicklung zum Krieg

Der Krieg 1866 zwischen Preußen und Österreich hatte grundsätzliche Ursachen. Beide Mächte stritten um die Vorherrschaft im Deutschen Bund. Der Anlass für die Entwicklung zum Krieg, in dem die beiden Mächte ihre Herrschaftsansprüche klären und durchsetzen wollten, bildete die Schleswig- Holstein-Frage, die schließlich in eine militärische Konfrontation mündete. Paritätische Führung und Teilung hätte als Möglichkeit bestanden. Versuche in diese Richtung erbrachten nicht das Ergebnis einer gütlichen Einigung. Im August 1865 unterzeichneten Preußen und Österreich in Gastein die „Gasteiner Konvention“. Darin wurde Schleswig- Holstein verwaltungsmäßig geteilt. Holstein gelangte unter österreichische, Schleswig unter preußische Verwaltung. Der Schritt brachte nicht die gewünschte Annäherung. Zu neuen Spannungen kam es, als sich im Januar 1862 in Altona eine Großdemonstration zugunsten des Augustenburgischen Herrscherhauses ereignete. Eine Kundgebung, die auf die Unabhängigkeit Schleswig- Holsteins abzielte. Preußen sah in diesen Bestrebungen, die von Österreich geduldet wurden, einen Bruch der Konvention von Gastein und nahm zunächst auf diplomatischem Wege eine drohende Haltung ein. Am 21. Februar in Österreich und am 28. Februar 1866 in Preußen tagten die zuständigen Gremien unter Vorsitz der jeweiligen Monarchen in Sitzungen, in denen die Möglichkeiten eines Krieges in Betracht gezogen wurden. Am 8. April schlossen Preußen und Italien ein auf drei Monate befristetes militärisches Bündnis. Das war ein Bruch der Bundesakte, die es Mitgliedern des Deutschen Bundes untersagte mit einer auswärtigen Macht, Bündnisse gegen ein Bundesmitglied zu schließen. Ab Ende April und im Mai begannen auf beiden Seiten die Mobilisierungsmaßnahmen. Der Weg in den Krieg schien unausweichlich. Preußen, geleitet von Bismarcks Diplomatie, die als zweigleisig angesehen werden kann, ließ die Möglichkeit eines friedlichen Ausgleichs nicht außer Acht. Die eigentliche Absicht der preußischen Politik bestand darin, in Norddeutschland als Hegemonialmacht die Einheit zu erreichen mit dem Main als Grenze. Auf dieser Linie basierte der Plan des preußischen Abgeordneten Anton von Gablenz, der ein Bruder des österreichischen Statthalters von Holstein war. Der Plan sah die Schaffung eines Süddeutschen Bundes unter der Führung Österreichs vor, dem ein Norddeutscher Bund unter Preußens Führung gegenübergestanden hätte. Am 28. Mai 1866 lehnte Kaiser Franz Joseph I. diesen Plan ab, den Bismarck befürwortet hatte. Der Gablenz- Plan bildete ein wesentliches Element in dieser Zeit voller Spannungen. Er hätte ein gleichberechtigtes Nebeneinander der verfeindeten Mächte ermöglicht und das deutsche Element in der Donaumonarchie gestärkt. Die Situation spitzte sich weiter zu. Am 1. Juni stellte Österreich vor der Bundesversammlung in Frankfurt den Antrag, in der Schleswig-Holstein –Frage zu entscheiden, was auf die Unabhängigkeit Schleswig-Holsteins abzielte. Gleichzeitig lies der kaiserliche Statthalter in Holstein die Stände einberufen. In der Befürchtung, in der Bundesversammlung überstimmt zu werden, entschloss sich Preußen zu einem dramatischen Schritt, es ließ am 7. Juni seine Truppen in Holstein einrücken, das von den Österreichern kampflos geräumt wurde. Am 11. Juni stellte Österreich daraufhin vor der Bundesversammlung in Frankfurt den Antrag zur Mobilisierung aller nichtpreußischen Heeresverbände zur Bundesexekution gegen Preußen. Der Antrag wurde mit Mehrheit angenommenen. Im Hinblick auf die Verfassung des Bundes war der Antrag mindestens formaljuristisch fragwürdig. Gleichzeitig hatte Österreich geheime Verträge mit Frankreich geschlossen, nachdem ihm die französische Neutralität zugesichert worden war. Diese Verträge verletzten ebenso Bundesrecht wie vorher die italienisch- preußischen Verträge. Mit einem Ultimatum vom 15. Juni, das Preußen Hannover, Kurhessen und Sachsen gestellt hatte, begann der Krieg, der in nicht einmal zwei Wochen am 3. Juli in der Schlacht bei Königgrätz sein Ende fand.

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2. Die Verhandlungen in Nikolsburg

Unmittelbar nach der Schlacht bei Königgrätz begannen in Nikolsburg die Friedens- verhandlungen mit Österreich. Vor dem Krieg hatte Bismarck Kontakte zur revolutionären Bewegung in Ungarn geknüpft. Diese Möglichkeit hatte er vorgesehen, wenn Preußens Militärstrategie misslungen wäre. Es war nicht seine Absicht, das Habsburger-Reich zu zerstückeln. Nach dem siegreichen Krieg den Frieden zu gewinnen, war keine leichte Aufgabe. In Frankreich kam Unmut auf, es sah sich bedroht durch die immer stärker werdende Stellung Preußens. Österreich hatte Frankreich um Vermittlung gebeten, darum musste Preußen auf französische Einwände Rücksicht nehmen. In Nikolsburg wurde Ende Juli der Präliminarfrieden unterzeichnet. Österreich zahlte eine geringe Kriegsentschädigung, sein Territorium blieb unangetastet. Bismarcks moderate Bedingungen stießen bei König Wilhelm I. und der militärischen Führung auf Widerstand, der nicht leicht zu überwinden war. Bismarck ging soweit, mit Rücktritt zu drohen. Die Auseinandersetzungen hatten eine Zuspitzung erfahren, die durch Vermittlung des Kronprinzen überwunden wurde. In Nikolsburg nannten sie Bismarck den „Questenberg im Lager“, eingedenk des kaiserlichen Abgesandten Questenberg in Schillers: „Wallensteins Lager“, der vom kaiserlichen Hof den Auftrag hatte, gegen den Feldherrn Wallenstein zu intrigieren. Auf außenpolitischer Ebene formierte sich ebenfalls Widerstand, vor allem durch Russland und Frankreich.

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1866 bis 1871Seiten Anfang3. Die Auflösung des Deutschen Bundes

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