Lutherrose
3. Die Auflösung des Deutschen Bundes
Themen11
Die Auflösung des Deutschen Bundes
III. Der Norddeutsche Bund
Die Entstehung und Vollendung des Norddeutschen Bundes
IV. Der Krieg mit Frankreich
1. Im Vorfeld des Krieges
2. Der Krieg und seine Auswirkungen

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Die Auflösung des Deutschen Bundes

Der Deutsche Bund, der 1815 auf dem Wiener Kongress von den dort versammelten Mächten und Großmächten ausgehandelt wurde, war in Deutschland selbst nicht sonderlich beliebt. Das Volk war nicht gefragt worden. Das Gebilde wurde zusammengehalten mit Mitteln absolutistischer Herrschaftsformen der Unterdrückung und einer Pressezensur. Das politische Leben war einem Überwachungsstaat unterworfen. Mehr als dreißig Jahre hatten die Menschen das System widerwillig ertragen bis das Verlangen, das immer latent vorhanden gewesen war, 1848 ausgelöst durch die Februarrevolution in Frankreich, auch in Deutschland unüberhörbar zum Ausbruch kam. In Deutschland kamen zwei Komponenten zusammen: Das Ringen nach bürgerlicher Freiheit und das Ringen nach nationaler Einheit. Beide Ziele mussten zugleich verfolgt werden, das erforderte die politische Situation. Was von 1862, dem Amtsantritt Bismarcks, bis zur Vollendung der Reichseinheit 1871 politisch und verfassungsrechtlich auf den Weg gebracht wurde, ist auch unter der Terminologie „Revolution von oben“ zusammengefasst worden. Die Auflösung des Deutschen Bundes, der Österreich im Frieden von Prag im August 1866 seine Zustimmung gab, war ein Teilschritt zum anvisierten Ziel, der keine volle Zufriedenheit auslöste. Die Befürworter der Großdeutschen Lösung sahen sich durch den Ausschluss Österreichs getäuscht.

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III. Der Norddeutsche Bund

Der Norddeutsche Bund war eine Zwischenstation auf dem Weg zur deutschen Einheit. Bis zu seiner Vollendung schritt Preußen zu einschneidenden Maßnahmen, die innen -und außenpolitische Konflikte nach sich zogen. König Wilhelm I. von Preußen sah das monarchische Prinzip gefährdet, das mit der Entthronung angestammter Herrscherhäuser einherging, die Bismarck ohne zögern betrieb, um die entsprechenden Staaten dem preußischen Staatsverband einzuverleiben. Auf der gleichen Linie waren auch russische Bedenken zu finden. Russland widersetzte sich dem Vorhaben. Der russische Zar Alexander II. und sein Außenminister Gortschakov hatten zudem die Einberufung eines europäischen Kongresses vorgeschlagen, was vor Ausbruch des Krieges von 1866 schon von Frankreich angestrebt worden war, aber von Österreich abgelehnt wurde. Ein solcher Kongress hätte die deutschen Angelegenheiten einer gesamteuropäischen Einmischung und Entscheidung unterworfen. Zwei Wege beschritt Bismarck um mögliche russische Proteste ruhig zu stellen. Er deutete über diplomatische Verbindungen an, die revolutionären Bestrebungen von 1848/49 in Deutschland zu fördern, was in Russland, aber auch in Frankreich Besorgnisse auslöste. Zudem gab er Russland zu verstehen, ein stärkeres und vergrößertes Preußen werde sich für die Annullierung der „Schwarzmeerklauseln“ von 1856 einsetzen, die aus dem Krimkrieg herrührten, und es Russland untersagten, im Schwarzen Meer eine Flotte zu unterhalten. Im Krimkrieg von 1853 bis 1856 war Russland im Krieg gegen die Türkei, England, Frankreich und Sardinien unterlegen. Es hatte den Krieg aus Finanznot beenden müssen, und weil Österreich starke Truppenverbände an seiner Grenze zusammengezogen hatte, die Russland als Bedrohung empfand.
Die eigentliche Ursache des Krieges waren die Bestrebungen Russlands auf dem Balkan gewesen.
Aber auch Frankreich zeigte sich mit der Entwicklung nach dem Deutsch- Deutschen Krieg 1866 unzufrieden. Auf diplomatischen Wegen forderte Frankreich die Abtretung deutschen Gebietes als Kompensation für seine Neutralität im Deutsch- Deutschen Krieg. Bismarck ließ das Ansinnen Frankreichs in der Schwebe und erreichte die Zustimmung Frankreichs zur Ausdehnung des preußischen Machtbereiches bis zur Mainlinie. England sah sich innenpolitischen Auseinandersetzungen gegenüber, in politischen Kämpfen um eine Wahlrechtsreform.

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1. Die Entstehung und Vollendung des Norddeutschen Bundes

Bismarck schuf sich innenpolitisch und außenpolitisch den Freiraum, den er benötigte, um das Nahziel, den Zusammenschluss des Norddeutschen Bundes, zu erreichen. Die Stellung der einzelnen Staaten, die für den Beitritt zum Bund vorgesehen und bereit waren, galt es verfassungsrechtlich zu definieren. Den Gegensatz, der zwischen den Liberalen und den Fürsten bestand, nutzte er, um sein Vorhaben, die Einheit des Norddeutschen Bundes, voranzutreiben. Liberalismus und Nationalismus, diese beiden Strömungen kamen zum Einsatz, um das anvisierte Staatswesen, soweit es ging, nach seinen Vorstellungen zu gestalten.
Am 18. August 1866 waren die Verhandlungen abgeschlossen durch einen Bundesvertrag zwischen den Staaten, die auf Seiten Preußens in den Kampf gezogen waren. Mit Sachsen und Hessen-Darmstadt wurden Friedensverträge geschlossen, worauf der Beitritt zum Bund erfolgte. Hinzu kamen einige thüringische Kleinstaaten und Hessen-Darmstadt nur zur Hälfte, da die andere Hälfte südlich des Maines lag. Am Ende umfasste der Norddeutsche Bund insgesamt
22 Staaten.
Die süddeutschen Staaten südlich der Mainlinie behielten ihre Unabhängigkeit. Mit ihnen schloss der Norddeutsche Bund nach seiner Gründung Militärbündnisse, in denen Bayern, Württemberg und Baden sich vertraglich verpflichteten, ihre Heeresverbände im Falle eines Krieges preußischem Oberkommando zu unterstellen.
Es gibt noch ein besonders wichtiges Datum, das in die Zeit das Norddeutschen Bundes fällt: Der 3. September 1869. Mit einem Gesetz zur Religionsfreiheit erhielten die Juden die volle staatsbürgerliche Gleichberechtigung, ohne jede Einschränkung. Von da an begann ein Aufstieg des Judentums in Deutschland in Politik, Wirtschaft und besonders in der Wissenschaft an den deutschen Universitäten. Zum ersten Mal in der Deutschen Geschichte waren die Juden keinerlei Beschränkungen mehr unterworfen. Sie konnten sich auf allen Gebieten frei entfalten. Diese Politik Bismarcks stieß nicht überall auf Zustimmung, was ihm selbst nicht verborgen geblieben war. Er äußerste sich dazu gegenüber Behrend, der in der Nachbarschaft des Bismarckgutes Varzin in Pommern eine Papierfabrik betrieb: „Ich werde niemals darauf eingehen, dass den Juden die ihnen verfassungsmäßig zustehenden Rechte in irgendeiner Weise verkümmert werden.“
An diesem einen Punkt lässt sich bereits der Gegensatz zwischen Hitler und Bismarck
festmachen. Ein Gegensatz, wie er größer nicht gedacht werden kann. Ein Mann wie Hitler wäre im Bismarckreich vom Fleck weg verhaftet worden, das ist keine spekulative Feststellung, das lässt sich belegen.

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IV. Der Krieg mit Frankreich

Der Deutsch- Französische Krieg 1870/71 ist mit seinem Verlauf und seinen Auswirkungen Gegenstand intensiver Betrachtungen gewesen, nach dem Ersten Weltkrieg und auch nach dem Zweiten Weltkrieg. Der Ausgang dieses Krieges hat eine Verständigung mit Frankreich erschwert und unmöglich gemacht, und ist nicht selten ursächlich mit der Auslösung des Ersten Weltkrieges in Verbindung gebracht worden. Die Ereignisse, die den Krieg zwischen Deutschland und Frankreich ausgelöst haben, sind oft mit einer Schuldfrage verknüpft worden, was zu unterschiedlichen Interpretationen und Darstellungen geführt hat.

 

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1. Im Vorfeld des Krieges

Die Beziehungen des Norddeutschen Bundes und der Süddeutschen Staaten waren konfliktbehaftet. Eine Abneigung wurde preußischem Einfluss entgegengebracht, der sich mit der Einführung der preußischen Heeresordnung und Ausbildungsvorschrift, die in den Süddeutschen Ländern im Zuge der Bündnisverträge eingeführt wurde, niederschlug. Dem stand in den süddeutschen Staaten die Angst vor einer möglichen französischen Intervention entgegen. In Österreich war die Hoffnung noch nicht ganz erloschen, die Ergebnisse des Krieges von1866 zu revidieren. 1867 erhielten die Ungarn einen Autonomiestatus innerhalb der Donaumonarchie, die danach den Namen Österreich- Ungarn annahm.

Bismarck lehnte 1867 mit Rücksicht auf Frankreich einen Antrag Badens ab, in den Norddeutschen Bund aufgenommen zu werden.

Kaiser Napoleon III. betrieb eine Politik, die Expansionsabsichten erkennen ließ. Er hatte nicht mit dem schnellen Ende des Deutsch-Deutschen Krieges gerechnet, der mit seinem Ausgang in Frankreich als Prestigeverlust angesehen wurde. Er war ebenso mit dem Versuch gescheitert in Mexiko auf dem amerikanischen Kontinent Fuß zu fassen. Die französische Politik richtete das Augenmerk jetzt auf Belgien, wo ein großer Teil der Bevölkerung französisch sprach und auf Luxemburg. Die Diplomatie Bismarck signalisierte Zustimmung. Ein Zugriff auf Belgien hätte zu einem Konflikt mit England führen können, so rückte Luxemburg in den Vordergrund.

Die Zusammenhänge waren sehr komplex. Luxemburg war mit dem Holländischen Königshaus in Personalunion verbunden und zugleich Mitglied des Deutschen Bundes. Bismarck konnte einer Einverleibung Luxemburgs durch Frankreich nicht einfach seine Zustimmung geben, das hätte ihn in den Augen aller, die auf eine weitergehende Einigung Deutschlands hofften, diskreditiert.

Napoleon III. wollte Luxemburg von Holland käuflich erwerben. Die Holländische Krone wollte nicht ohne Zustimmung des Norddeutschen Bundes handeln und wandte sich an Preußen. Damit war eine Regelung auf diplomatischem Wege nicht mehr möglich.

Eine kriegerische Stimmung breitete sich aus, und Moltke befürwortete einen
Krieg, was Bismarck ablehnte. Auf russisches Betreiben wurde auf einer Diplomatenkonferenz der europäischen Großmächte in London ein Kompromissvorschlag angenommen. Die preußische Garnison in Luxemburg wurde aufgelöst und die Festungswerke geschleift. Luxemburg wurde ein unabhängiges Großherzogtum, versehen mit der Garantie der europäischen Großmächte.
Frankreich hatte sein eigentliches Ziel, Luxemburg zu erwerben, nicht erreicht.
Vor dem Hintergrund dieser Ereignisse hegte Bismarck Befürchtungen. Wegen seines Nachgebens in der Garnisonsfrage in Luxemburg, sah er sich im Reichstag des Norddeutschen Bundes harten Vorwürfen ausgesetzt. Bismarck entgegnete seinen Kritikern, es wäre unverantwortlich gewesen wegen der Garnisonsfrage, das Risiko eines europäischen Krieges auf sich zu nehmen. Bismarcks Handeln wurde von vielen als Schwäche und diplomatische Niederlage empfunden. Die Spannungen in den Beziehungen der europäischen Mächte waren zwar entschärft, aber nicht beseitigt. Bismarck war bemüht die Initiative in seinen Händen zu halten, und sich nicht treiben zu lassen.
Die Gelegenheit dazu bot sich, als die spanische Regierung und die Cortes dem Prinzen Leopold von Hohenzollern- Sigmaringen die spanische Königskrone antrugen. Bismarck befürwortete die Kandidatur. Als sich aber französischer Widerstand abzeichnete, zog Prinz Leopold die bereits zugesagte Kandidatur zurück. König Wilhelm I. als Chef des Hauses Hohenzollern billigte diese Entscheidung. Bismarck stand vor einer diplomatischen Niederlage und erwog seinen Rücktritt. Die französische Seite hätte sich mit diesem Erfolg zufrieden geben können, das geschah nicht. Es kam zu den oft geschilderten und interpretierten Ereignissen in Bad Ems, wo König Wilhelm I. zur Kur weilte und vom französischen Botschafter Benedetti direkt mit der Forderung konfrontiert wurde, eine zusätzliche Garantieerklärung zu geben, die für alle Zukunft die Kandidatur eines Hohenzollernprinzen für den spanischen Thron ausschließen sollte. Dazu war der preußische König nicht bereit. Die Ereignisse wurden in der „Emser Depesche“ nach Berlin berichtet. Bismarck redigierte den Inhalt und gab so den Ablauf der Ereignisse in verkürzter Form der Öffentlichkeit. In dem er die Depesche ihrer diplomatischen Feinheiten entkleidet hatte, wirkte alles etwas schroffer.
Die Behauptung, Bismarck habe die „Emser Depesche“ gefälscht, ist aber gewagt und kann nicht ernsthaft in Erwägung gezogen werden. Für Bismarck, der sich diplomatisch in einer ausweglosen Situation befunden
hatte, war das Dokument ein Befreiungsschlag. Frankreich nahm die Veröffentlichung zum Anlass und erklärte am 19. Juli 1870 den Krieg.

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2. Der Krieg und seine Auswirkungen

Mit der Kriegserklärung Frankreichs an den Norddeutschen Bund waren auch die Süddeutschen Staaten ohne Zögern in den Krieg eingetreten. Der Krieg vollzog sich in zwei Phasen: Er richtete sich zuerst gegen das Kaiserreich und fand am 2. September 1870 in der Schlacht bei Sedan ein Ende. Der Krieg gegen die Republik dauerte noch weitere fünf Monate bis zum Waffenstillstand am 28. Januar 1871. In dieser Zeit musste eine Intervention europäischer Mächte befürchtet werden. Der österreichische Ministerpräsident Graf Beust unternahm es neutrale Staaten für eine Vermittlung zu gewinnen. Russland zeigte daran kein Interesse. Mit Bismarcks Unterstützung kündigte Russland die aus dem verlorenen Krimkrieg herrührenden Verpflichtungen, was in England zur Verstimmung führte, die aber ohne Folgen blieb. Im Mai 1871 wurde der Friede mit Frankreich unterzeichnet. Frankreich musste die Gebiete Elsaß- Lothringen an das Deutsche Reich abtreten und ihm wurde zusätzlich eine Zahlung von 5 Milliarden Goldfranc auferlegt. Frankreich entrichtete diesen Betrag vorzeitig nach zwei Jahren, woraufhin die deutschen Besatzungstruppen vertragsgemäß abgezogen wurden.

In der Ausgabe Nr. 1 2004 in „Spiegel Spezial“ brachte der Spiegel- Verlag eine Serie heraus über den 1. Weltkrieg und die Folgen unter dem Titel: „Die Ur-Katastrophe des 20. Jahrhunderts“. Darin ist die Feststellung zu finden, Deutschland habe nach dem Ersten Weltkrieg „etwas weniger“ an Reparationszahlungen aufbringen müssen, als Frankreich 1871.

Das Londoner Schuldenultimatum vom 5. Mai 1921 enthielt die Forderung von 132 Milliarden in Gold, eine Forderung, die später auf 226 Milliarden erhöht wurde. Als Deutschland mit den ihm auferlegten Zahlungsverpflichtungen in Rückstand geriet, besetzte Frankreich im Januar 1923 das Ruhrgebiet, was zu einer erheblichen wirtschaftlichen Schwächung des Reiches führte. Deutschland sah sich aber in dieser Situation nicht nur einer äußeren Schuldenlast gegenüber, es hatte auch eine innere Schuld zu verkraften, denn das Kaiserreich hatte einen Schuldenberg von 154 Milliarden in Gold hinterlassen. Diese Schuld wurde durch die Inflation getilgt, in der Sparer, Gläubiger und Anleihezeichner durch die Notenpresse enteignet wurden. Am 20. November 1923, dem Tag der Währungsumstellung, war die innere Schuld getilgt. Die 154 Milliarden in Gold hatten nur noch einen Wert von 15,4 Pfennigen in der Kaufkraft des Jahres 1913. Nichts habe die Deutschen so hasswütig und so hitlerreif gemacht wie die Jahre der Inflation von 1922 bis 1923, hat der jüdische Schriftsteller Stefan Zweig, der sich 1942 in der Immigration das Leben nahm, dazu festgestellt. Die Dinge mussten wieder ihre Ordnung haben, so wurde 1924 in London der Dawes – Plan ausgehandelt. Deutschland musste sich verpflichten bis 1927/28 jährlich 1 – 1,75 Milliarden und ab 1928 2,5 Milliarden Goldmark an Reparationszahlungen aufbringen, unbefristet(!).
In all diesen Summen sind die Sachleistungen, die Deutschland zu erbringen hatte, nicht enthalten. Weil sich die Forderungen als unerfüllbar und daher unrealistisch erwiesen, wurde 1929 der Young – Plan auf den Weg gebracht.
Russland wurde im Frieden von Brest - Litowsk eine einmalige Zahlung von 6 Milliarden in Gold auferlegt. Finnland, die baltischen Länder, Polen und Georgien erhielten ihre Unabhängigkeit. Wer die Friedensbedingungen von Brest – Litowsk mit dem Versailler Friedensdiktat auf eine Ebene der Bedingungen bringen will, um die Versailler Vertrags - Bedingungen zu rechtfertigen, der spricht sich gegen die Unabhängigkeit der genannten Länder aus. Mehr ist dazu nicht zu sagen.

Im Young – Plan wurden neue Zahlungsmodalitäten für das Deutsche Reich festgelegt. In Jahresraten von 2 Milliarden Goldmark jährlich sollte Deutschland bis 1988(!) sein festgelegtes Schuldkonto ausgleichen. Der Young – Plan wurde zusätzlich von der Weltwirtschaftskrise erfasst. Als seine Durchführbarkeit sich als unmöglich erwies, wurde allem 1931 durch das Hoover – Moratorium des amerikanischen Präsidenten Hoover ein Ende gesetzt. Mit einer einmaligen Zahlung von 3 Milliarden Goldmark sollte dem Irrsinn ein Ende gesetzt werden. Aber sie kamen zu spät und wurden vom Leben bestraft. Bei den Reichstags- wahlen am 14. September 1930 steigerte die NSDAP die Zahl ihrer Reichstagsmandate von 12 auf 107. Im Juni 1934 stellte die Regierung des Reichskanzlers Hitler alle Zahlungen aus den aufgezwungenen Verpflichtungen, die sich aus dem Dawes- und Young – Plan ergeben hatten, ein. Proteste und Sanktionen, wie sie gegenüber der Weimarer Republik vertraglich angedroht und durchgeführt worden waren, gab es nicht. In einer Rede dazu lies sich Hitler so vernehmen: „Fünfzehn Jahre haben sie uns ausgeplündert, ab heute gibt es keinen Pfennig mehr, ich habe nein gesagt,“ und das Volk jubelte.
Es bestanden zu dem Zeitpunkt noch Zahlungsverpflichtungen aus Anleihen, die das Deutsche Reich hatte aufnehmen müssen, um seine Verpflichtungen pünktlich erfüllen zu können. Deutschland kehrte nach Abschluss des Dawes – Planes zur Goldwährung zurück und nahm dazu eine Anleihe von 800 Millionen Goldmark auf. Die Rückzahlung von solchen Krediten bildeten natürlich eine zusätzliche finanzielle und wirtschaftliche Belastung. Diese oben vorgelegten Zahlen geben nur in Andeutungen wieder welche Lasten Deutschland nach Ersten Weltkrieg auferlegt wurden. Die Forderungen der Siegermächte unmittelbar nach dem Ersten Weltkrieg bezifferte „Der Spiegel“ mit 330 Milliarden €. Also ein Umrechnungsschlüssel von etwa 1:2. Ein Umrechnungsschlüssel von 1:10 dürfte der Wirklichkeit näher kommen. Nach heutiger Kaufkraft sind Billionenbeträge aus Deutschland herausgepresst worden.
Bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkrieges hat Hitler Schritt für Schritt die Bestimmungen des Versailler Vertrages annulliert. Die Siegermächte des Ersten Weltkrieges ließen ihn gewähren. In „ Spiegel – Spezial“ heißt es dazu: Das war ein „Fehler“. Es war mehr als das, es war ein gigantisches und ebenso verbrecherisches Intrigenspiel. Das Bismarckreich hatte 1918 sein Ende gefunden. Bismarck hatte das vorausgesehen, noch in seinem Todesjahr 1898 hatte er den Untergang des von ihm Geschaffenen vorausgesagt, auf das Jahr genau.
Bismarck hatte in den nicht ganz dreißig Jahren seiner Amtszeit für Deutschland das erreicht, wofür andere vergleichbare europäische Nationen Jahrhunderte benötigten. Bismarcks Nachfolger achteten das alles für nichts und forderten für Deutschland einen „Platz an der Sonne“. Aus lauter Eitelkeit wurde alles wieder verspielt und verschleudert. Der Irrationalismus hat tiefe Wurzeln in der Deutschen Geschichte, er scheint unausrottbar. „Wir haben die Einheit Deutschlands vollzogen, während Europa das Gewehr im Anschlag hatte.“ So hat Bismarck den Lauf zur deutschen Einheit umschrieben. Denn Europa wollte kein einiges Deutschland, es wollte ein Deutschland, das jederzeit zu seiner freien Verfügung stehen sollte, so wie es 1648 im Westfälischen Frieden konzipiert und vorgesehen war.

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1866 bis1871Seiten AnfangDie Gründung des Zweiten Deutschen Kaiserreiches

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