Heinz Drews Hamburg, den 1. Juni 2002 Postfach 605475 22249 Hamburg Botschaft des Staates Israel 50 DREWS, Heinz Schinkelstraße 10 14193 Berlin In Anlehnung an das Schreiben, das von mir am 25. Februar 2002 an die Israelische Botschaft ergangen ist, habe ich aus aktuellem Anlass die Ablichtung eines Schreibens beigefügt, das ich am 2. Januar 2002 an das Präsidiumsmitglied der Freien Demokratischen Partei, Herrn Jürgen Möllemann, gerichtet habe. Darin habe ich Vorschläge unterbreitet zur möglichen Gestaltung der Beziehung zwischen Israel und der arabischen Welt. Das Schreiben ist unbeantwortet geblieben. Angesichts der gegenwärtigen Debatte und Entwicklung ist es meine Absicht eine Stellungnahme an den Zentralrat der Juden in Deutschland zu richten. Denn was vom Präsidenten des Zentralrates, Herrn Paul Spiegel, und dem Vizepräsidenten, Herrn Michael Friedmann, in der Vergangenheit öffentlich geäußert worden ist, kann nicht unwidersprochen bleiben. Der Zentralrat sieht offenbar seine Hauptaufgabe darin nichtjüdische Deutsche an die Vergangenheit zu erinnern. Das Verfahren , das dabei angewandt wird, ist eingefahren und findet weltweite Akzeptanz. Um das Geschichtsbild, das damit in Verbindung gebracht werden muss, aufrecht erhalten zu können, werden einschlägige historische Fakten ausgeblendet oder in verniedlichender Form dargestellt. Wer beabsichtigt an dieser Tendenz eine Korrektur anzubringen, wird in Deutschland mit Mitteln eines totalitären Staates daran gehindert, wie in meinem Fall geschehen. Aber ich bin keine Ausnahme, wie ich inzwischen erfahren habe. Zwei Beispiele, denen viele andere hinzugefügt werden könnten, sollen noch einmal verdeutlichen, worum es geht: Im November 1935 wurden die Durchführungsbestimmungen zu den Nürnberger Rassegesetzen erlassen, in welchen die deutschen Juden in verbrecherischer Weise diskriminiert wurden. Das hat die internationale Staatengemeinschaft nicht davon abhalten können, wenige Monate später an den Olympischen Spielen in Berlin teilzunehmen, ohne den leisesten Hauch eines Protestes, um Hitler so eine gigantische Propagandaschau zu ermöglichen. Als die britische und französische Regierung im September 1938 das Münchner Abkommen unterzeichneten, da wussten die Vertreter Chamberlain und Daladier genau mit wem sie gemeinsame Sache machten, und sie wussten auch, dass damit dem deutschen Widerstand gegen Hitler entscheidend das Rückgrad gebrochen wurde. Eine Frage ergibt sich aus dem Hitler- Stalin-Pakt. Warum wurde der Einmarsch Hitlers nach Polen verurteilt und der Einmarsch der Roten Armee nicht? Ich habe erfahren, dass auch in Polen eine Diskussion über diese Frage unerwünscht ist. Ich erwarte gerade von der deutschen und jüdischen Seite eine eindeutige Antwort auf Fragen, die sich notwendigerweise ergeben aus den beispielhaft angeführten historischen Vorgängen. Der diesbezügliche jüdische Opportunismus ist für mich genauso verwerflich, wie der entsprechende deutsche Opportunismus. Es ist ungerecht, die Geschichte zu verbiegen und zu fälschen, damit für Deutschland ein hitlerzentrisches Geschichtsbild herauskommt. 1968 begann eine wildgewordene Generation ein Werk der Zerstörung dessen, was nach dem Zweiten Weltkrieg in Deutschland an Aufbauleistung eines zerstörten Landes vollbracht worden war. Sie forderten Sühne von der Generation ihrer Mütter und Väter, aber diese Generation hatte schon reichlich gesühnt für das, was das Hitler- Regime angerichtet hatte, da mussten nicht 1968 und danach die vielen „grünen“ Jünglinge kommen, um das einzufordern. Mit der Faschismuskeule in der Hand haben sie ein Werk der Zerstörung betrieben, wohlgemerkt, ich rede von der Faschismuskeule, nicht von der Auschwitzkeule, da gibt es einen großen Unterschied. Und sie haben ein Werk der Zerstörung betrieben, sie haben Deutschland dahin gebracht, wo es heute steht. Das Bildungsniveau ist auf den Stand eines Entwicklungslandes angekommen, die Wiedervereinigung ist politisch und wirtschaftlich gescheitert, weil nationale Identität, auf der solidarisches und verantwortungsbewusstes Handeln gegenüber der Nation als Ganzes begründet werden könnte, den Deutschen nicht gestattet werden soll. Die Staatsverschuldung hat ein Ausmaß erreicht, die Erinnerungen weckt an die Jahr 1923 und 1948. In der Regierungszeit Konrad Adenauers und Ludwig Erhards wurde der Schutthaufen ohne Staatsverschuldung wiedererrichtet. Die „Revolutionäre“ von 1968 und danach haben die Soziale Marktwirtschaft Ludwig Erhards mit marxistischen Parolen zertreten. Sie, die einmal in zerschlissenen Jeans und Turnschuhen eine Revolution zu verkörpern gedachten, tragen heute Anzüge für mehrere Tausend Euro und begünstigen ein Spielart des Manchesterkapitalismus’. Der gegenwärtige deutsche Bundesaußenminister ist ein Vertreter dieser Richtung. Ist das der Grund, warum er jüngst in Israel so hofiert wurde und an der Biographie diese Politikers niemand Anstoß nahm? Ich erlaube mir diese Frage und auch die damit verbundene politische Überzeugung zu haben. Mit freundlichen Grüßen gez. Heinz Drews |