Lutherrose
Katharina von Bora                     und Martin Luther
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cr_boraKatharina von Bora und Martin Luther

Am 13. Juni 1525 ehelichte Luther die „entlaufende Nonne“ Katharina von Bora. Im Juli veröffentlichte er die nicht nur von den Bauern als unangemessen in Ton und Inhalt empfundene Schrift: „Sendbrief vom harten Büchlein wider die Bauern“.

Zum Zeitpunkt der Eheschließung hatte Luther ein für damalige Zeiten beachtliches Alter von 42 Jahren erreicht. Wirkliche und heimliche Widersacher lagen denn auch auf der Lauer, ob sich nicht auf sexuellem Gebiet eine Angriffsfläche böte. So hatte
era_duerer02 Erasmus von Rotterdam bereits verkündet, das erste Kind werde wohl binnen weniger Wochen ankommen. Aber er hatte sich und andere getäuscht. Das erste Kind des Ehepaares Luther kam artig zwölf Monate nach dem Tag Vermählung, und Erasmus stand im Zwielicht und sah sich zum Widerruf genötigt. Es war auch übel vermerkt worden, weil Luther den Schritt zur Ehe getan hatte, als die Wunden des Bauernkrieges noch bluteten.

Luther war gegen die Ehelosigkeit der Priester, den Zölibat. Ebenso hatte er das Keuschheitsgelübde verworfen. In der gewohnten Deutlichkeit hatte er sich dazu vernehmen lassen: „Wachset und mehret euch, das ist nicht nur ein Gebot, sondern mehr als ein Gebot, nämlich ein göttlich Werk, das nicht bei uns steht zu verhindern oder zuzulassen, sondern es ist ebenso notwendig, dass ich ein Mannsbild bin, und nötiger denn essen und trinken, schlafen und wachen. Es ist eingepflanzte Natur und Art, ebenso wohl als die Gliedmaßen, die dazugehören.“

Und wie hatte er über das Keuschheitsgelübde geurteilt? Sie verachten nur Gottes Gebot war seine Feststellung und: „...hindern sie es aber, so sei du gewiss, dass sie nicht rein bleiben und mit stummen Sünden und mit Hurerei sich besudeln müssen.“

Sogar eine medizinische Begründung hatte er angeführt und zitiert: „Daher auch die Ärzte nicht übel reden, wenn sie sprechen: ‚Wo man mit Gewalt dieser Natur Werk anhält, da muss es in das Fleisch und Blut schlagen und Gift werden.’“

Solche Äußerungen ließen Spielraum für Interpretationen, die weidlich genutzt worden sind. Gegründet auf Gerüchte und schlüpfrige Geschichten aus Quellen mit dunklen und undurchsichtigen Hintergrund, wollte sich sogar Gotthold Ephraim Lessing( 1729-1781) an einer Treibjagd beteiligen, die oft auf Luther angesetzt worden ist: „Anfangs versucht sich Luther von seiner Käthe, die er schon im Kloster unter Versprechung der Ehe soll gebraucht haben, auf alle mögliche Art los zu machen. Doch da er eben am eifrigsten daran arbeitet und schon im Begriff ist eine andere zu heiraten, kömmt ihm seine alte Liebe aus dem Kloster über den Hals und weis ihn so feste zu fassen, dass er sie notwendig zur Frau nehmen muss. Als seine Freunde Jonas und Spalatin dieses sehen, wollen sie ihn in der Schande alleine nicht stecken lassen, sondern nehmen ein jeder eine von den geistlichen Nymphen, welche Käthe aus ihrem Kloster mitgebracht hatte. Doch alle dreie finden ihre Männer hernach ziemlich ohnmächtig, so dass sie sich notwendig auf auswärtige Kost befleißigen müssen.“

Das Beispiel Lessing zeigt, wie auch große Geister von Zeit zu Zeit hinabsteigen in Niederungen, um im Sumpf des Klatsches und der primitiven Polemik umherzuwaten.

Der Zeitpunkt der Eheschließung ist Luther angelastet worden: „Noch rauchen überall die zerstörten Dörfer, Tausende von Bauern werden in Ketten abgeführt, die Flüsse sind rot von Blut.“ Das wurde ihm entgegen gehalten.

Es ist einsamer geworden um den Reformator, seine Volkstümlichkeit und Beliebtheit hatte gelitten. Den Plänen einiger Fürsten, ihn doch noch zu fassen und zu überantworten, war er mit genauer Not entronnen.

Die Eheschließung vollzog Johannes Bugenhagen, einer der wichtigsten Mitstreiter in Sachen Reformation. Anschließend wurde unter Zeugen das Beilager abgehalten. Die Gesellschaft war fromm, aber nicht prüde.

Zur Vermählung war auch ein Überraschungsgeschenk besonderer Art eingetroffen. Erzbischof Albrecht von Mainz übersandte zwanzig Gulden. Luther wollte das Geld zurückgehen lassen. Stilgerecht erklärte er, das Geld stamme von dem „Nimrod und Giganten von Babylonien.“ Aber er konnte nicht mehr allein entscheiden. Frau Käthe dachte anders und überzeugte den sonst so resoluten Martin von der Notwendigkeit, das Geld zu behalten, denn die Luthers begannen bescheiden, und das änderte sich im Laufe ihres Ehelebens nie. Die Mönchskutte ,die er bis dahin immer noch getragen hatte und die zeitweise etwas abgeschabt wirkte, legte er ab. Vornehme Kleidung, die ihn als Angehörigen einer höheren Gesellschaftsschicht hätten ausweisen können, hat Luther nie getragen.

Luther ist nicht die Ehe eingegangen, um einer Einsamkeit zu entfliehen. Er, der die Geselligkeit liebte, sah aber im Alleinsein eine größere Versuchung für einen Sündenfall.

Kurfürst Johann, der Friedrich dem Weisen gefolgt war, bewahrte Luther die Gunst und schenkte den Luthers das Augustinerkloster, das in der Geschichte danach den Namen „Lutherhaus“ erhielt. Die Verantwortung für die Renovierungsarbeiten, die das Gebäude in Zeitabständen verschönerten, hatte Frau Luther in Händen. Unter ihrer Leitung wurde ein Gemüsegarten angelegt, Ställe für Schweinezucht und Pachtland aus der Umgebung kamen hinzu. Ein Badehaus wurde eingerichtet. Ein kleines Familiengut, das einer ihrer Brüder heruntergewirtschaftet hatte, übernahm sie und bewirtschaftete es erfolgreich. Eine Brauerei, die zum Augustinerkloster gehört hatte,

gelangte in die Leitung ihrer umsichtigen Hände. Luther schrieb über seine Frau. „Predigerin, Bräuerin, Gärtnerin, und was sie sonst mehr sein kann.“

Die Umsicht und die Geschäftigkeit, mit der Frau Luther ihr Werk verrichtete, erregte allseitiges Erstaunen. Sie, die gerade einem Kloster entwichen war, hatte eine Bewährung ganz anderer Art zu bestehen. Sie hatte das weltliche Geschäft lediglich während einer zweijährigen Tätigkeit im Haushalt des Lucas Cranach in Augenschein nehmen können.

Lucas Cranach als Maler und Hans Lufft als Drucker, beide gehörten zu den reichsten Männern des Stadt. Der eine vervielfältigte Lutherbilder zu Hunderten und versandte sie in alle Welt, der andere druckte Luthers Bücher und Schriften. Für die Werke, die seinen Namen trugen und seiner Feder entsprungen waren, verlangte Luther kein Honorar, eben so wenig verlangte er Kolleggeld von den Studenten der Universität. Luther handelte hier gemäß Evangelium nach Matthäus, Kapitel 10, Vers 8: „Umsonst habt ihr es empfangen, umsonst gebt es auch.“

Zum Zeitpunkt der Eheschließung bezog Luther ein Jahresgehalt von hundert Gulden, das später verdoppelt wurde. Die Luthers waren oft verschuldet und verpfändeten manches Mal Wertvolle Stücke aus dem Haushalt. Sie hatten immer ein offenes Ohr und offene Hände, um Nöte irgendwelcher Art zu lindern.

Im Verlaufe der Ehe „schenkte“ Katharina von Bora ihrem angetrauten Ehemann sechs Kinder. Damit war es nicht genug. Zwei Schwestern Luthers waren früh verstorben, was zu der Zeit oft vorkam. Sie hinterließen elf Kinder, die von Käthe und Martin mit übernommen wurden. Die Auslastung im familiären Bereich war also gewährleistet. Es kam aber noch mehr hinzu: Kostgänger und Studenten, die in den ehemaligen Mönchszellen des Lutherhauses untergebracht wurden, verschafften eine Einnahmequelle und zusätzliche Arbeit, die bewältigt sein wollte.

In dieser Umgebung, in der es nicht immer leise zuging, erledigte Luther seine schriftlichen Arbeiten, die bis zum Ende seiner Tage einen beträchtlichen Umfang angenommen hatte.

Mehr als sechzig Folianten im Großformat stehen in der Bibliothek des Fachbereiches Theologie der Universität Hamburg, ausgezeichnet als „Luthers Werke“.

Die Erziehungsmaßnahmen, die Luther in seiner Kindheit und Jugend über sich ergehen lassen musste, hat er nicht in sein Familienleben übernommen.

Durch den Bauernaufstand hatte die Reformation einen Rückschlag erlitten, der Luther Rückhalt in allen Schichten und bei den Humanisten gekostet hatte. Zur Resignation ließ sich Luther nicht verleiten. Er war immer wieder zum Schlagaustausch bereit. Im Jahre 1534 vollendete er ein anderes großes Werk: Die Übersetzung des hebräischen Kanons der Bibel in die deutsche Sprache.

Er hatte sich auch oft gegen die zahlreichen Feiertage gewandt, die in der Zeit üblich waren und ihre Abschaffung gefordert. Im Mittelalter erstreckte sich der Feiertagskalender auf bis zu 90 Tagen im Jahr, die dann auf unterschiedliche Weise begangen wurden. Luther hat somit das protestantische Arbeitsethos mitbegründet, dem der Soziologe Max Weber(1864-1920) ein umfangreiches Werk gewidmet hat.

1534 war Luther auch um Rat angegangen worden in Ehesachen. König Heinrich VIII. wollte die Scheidung von seiner spanischen Frau und Königstochter, Katharina von Aragón. Nachdem der Papst die Zustimmung verweigert hatte, hatte der englische König Gutachten von renommierten europäischen Universitäten eingefordert. Auch an Luther war der englische Hof herangetreten. Er ließ sich die Antwort nicht schwer fallen und gab eine Antwort in vielfach geübtem Stil: „An König Heinz, die gekrönte Sau von England“.

Als eine bärenstarke Gestalt tritt uns Heinrich VIII. in einem Gemälde von Hans Holbein d. j. entgegen. Der englische König vollzog die Scheidung von Katharina von Aragón, was zum Bruch mit Rom führte und zur Gründung der Anglikanischen Kirche. Er heiratete hernach noch fünf Frauen, von denen er zwei enthaupten ließ.

Luther vollendete seinen Lauf in einem in einem für damalige Zeit beachtlichem Alter von 62 Jahren. Etliche Krankheiten und Gebrechen waren seine ständigen Begleiter gewesen. Dazu gehörte besonders ein Steinleiden, das ihn zeitweise richtiggehend zu Boden warf.

Am 18. Februar 1546 ist er hinüber gegangen, um zu sehen was er geglaubt hatte.

Im selben Jahr begann auch das Konzil von Trient, das mit Unterbrechungen bis 1563 tagte. Die katholische Kirche wurde an „Haupt und Gliedern“ reformiert. Die Gegenreformation setzte ein. Es gelang die weitere Ausbreitung des Protestantismus’ einzudämmen und verlorenes Gebiet zurück zu gewinnen. Die Einheit der Kirche wurde dadurch nicht wiederhergestellt.

In der Mitte des 16. Jahrhunderts galt bereits die Lebensweisheit und der Satz, der am Ende des 20. Jahrhunderts weltweit die Runde machte: „Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben.“

Luther hatte in seinem Testament seine Frau als Alleinerbin eingesetzt. Das Testament stand den damals bestehenden Gesetzen entgegen. Es konnte darum nicht vollstreckt werden, und Luthers letzter Wille wurde nicht ausgeführt. Nach den Gesetzen der Zeit konnte eine Witwe wie Katharina von Bora „einen Stuhl und einen Rocken“ beanspruchen. Kurfürst Johann schuf Kraft fürstlicher Gewalt eine Sonderregelung. Frau Luther erhielt ein Darlehen, und ihr wurde eine Pension ausgesetzt, die aber nicht regelmäßig ausgezahlt wurde, und so war sie gezwungen weiterhin in der bewährten Weise versuchen ihren Lebensunterhalt aufzubessern.

Das Nachlassrecht der Zeit überlies die Erbmasse den Kindern, für die dann ein Vormund bestellt wurde. Das alles wollte Luther mit seiner Testamentsniederlegung verhindern.

Katharina von Bora ist ihrem Mann am 20. Dezember 1552 nachgefolgt. Sie starb, wie in jener Zeit oft gestorben wurde: Auf der Flucht mit ihren Kindern vor einer Pestepidemie in Torgau. Sie hatte sich durch einen Unfall mit dem Reisewagen eine Lungenentzündung zugezogen.

 

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